Filialpraxis: Physician Assistant entlastet Ärzte
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Dortmund. Im westfälischen Epe, einem Stadtteil von Gronau, stellt eine Praxis der besonderen Art die hausärztliche Versorgung sicher: eine Teampraxis aus Medizinischen Fachangestellten, Physician Assistants und Ärzten. An zwei Nachmittagen ist nur das nichtärztliche Team präsent, es arbeitet aber in enger Abstimmung mit den zuständigen Ärzten.
Die Praxis ist eine Filialpraxis der Gemeinschaftspraxis Gesenhues & Partner in Ochtrup. Sie hat im Juni 2024 die Patientenversorgung aufgenommen und wird von den Ersatzkassen als Modellprojekt gefördert.
Die Ochtruper Praxis versorge schon seit Längerem Patientinnen und Patienten aus Epe mit, berichtete Allgemeinmediziner Dr. Sebastian Gesenhues auf dem „Summit 2025“ der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) in Dortmund. Hausbesuche seien bei ihnen aber nicht möglich. „Da entstand der Gedanke, vor Ort eine Filialpraxis aufzumachen für die Patienten, die nicht mehr zu uns kommen können.“
Die PA als da Gesicht der PraxisVormittags sind immer Ärzte in der Praxis. An zwei Nachmittagen ist Physician Assistant (PA) Jule Hörmann für den Betrieb zuständig. „Sie soll das Gesicht der Praxis sein“, sagte der Hausarzt. Die meisten Patientinnen und Patienten, die nachmittags kommen, haben einen Termin, Arzt und PA sprechen vorab über sie. „Typische Behandlungsanlässe sind Verlaufskontrollen oder Verbandswechsel“, erklärte Hörmann.
Kommen Patienten unangemeldet, hält Hörmann meist telefonisch Rücksprache mit der Praxis in Ochtrup. Die beiden Praxen sind zudem telemedizinisch vernetzt. „Bei Neupatienten führe ich häufig das Anamnesegespräch.“
Der PA gefällt das selbstständige Arbeiten in der Filialpraxis. „Man wird selbstständiger und entwickelt ein anderes Standing im Umgang mit den Patienten.“ Negative Reaktionen hat sie bisher nicht erhalten. „Die Patienten sind froh, überhaupt angebunden zu sein“, betonte sie.
„Die Diagnose stelle immer noch ich, wenn auch zeitversetzt“Es gebe keinen Patienten und keine Patientin, die ihm nicht vorgestellt würden, stellte Hausarzt Gesenhues klar. Hörmann stelle weder Diagnosen noch leite sie Therapien ein. „Die Diagnose stelle immer noch ich, wenn auch zeitversetzt“, sagte er.
KVWL-Vize Dr. Volker Schrage wandte sich dagegen, solche Modelle als „arztfreie Praxis“ zu bezeichnen. Es gehe um die Delegation von Leistungen. „Letztlich handelt es sich immer um ärztliche Verantwortung“, sagte er. Schrage hält es für wichtig, genau zu definieren, was PA übernehmen können und was nicht. „In manchen Regionen kommen wir nicht darum herum, so etwas zu machen.“
Auch Hausarzt Schrage selbst setzt mit seiner Gemeinschaftspraxis Münsterland in Legden auf das Team-Modell. Eine seiner MFA absolviert zurzeit das PA-Studium. MFA Alexandra Heflik hat eine Fortbildung zur Digi-Managerin gemacht. Sie ist in der Praxis für die IT und für Digitalisierungs-Fragen zuständig. Sie hat unter anderem den Wechsel des Praxisverwaltungssystems in der Praxis koordiniert.
Entlastung durch die Digi-ManagerinAuf diese Weise hätten die Kolleginnen die Hände frei haben, um sich um die Patientinnen und Patienten zu kümmern, sagte Heflik. „Es ist gut, wenn jeder seinen Bereich hat und man trotzdem als Team funktioniert.“
Wenn MFA die Möglichkeit zu einer solchen Fortbildung hätten, sollte sie das tun, empfahl sie. „Die MFA, die es vor 20 Jahren gegeben hat, gibt es nicht mehr.“
Die Systemumstellung sei für die 1988 gegründete Praxis ein „Riesen-Ding“ gewesen, berichtete Schrage. „Das kann nur mit so einer Hilfe gelingen“, glaubt er. „Jemanden mit dieser Ausbildung an der Hand zu haben, ist Gold wert.“
aerztezeitung