Buchbranche zur Migrationspolitik: Menschen sind keine Naturkatastrophe
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Von Uwe Timm, Dörte Hansen, Heinrich Detering, Kerstin Gleba, Jörg Bong, Jo Lendle, Britta Egetemeier und anderen
Lesezeit: 2 Min.
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Der realen Barbarei geht die Barbarisierung der Sprache voraus: Eine Erklärung deutscher Verlegerinnen, Verleger und Autoren zum Begriff: „Zustrombegrenzungsgesetz“.
„Zustrombegrenzungsgesetz“ nennt die Bundestagsfraktion der CDU ihre Gesetzesinitiative zur „Begrenzung des illegalen Zustroms von Drittstaatsangehörigen“, die sie am 31. Januar 2025 zur Abstimmung gebracht hat. Dass im Deutschen Bundestag ein Gesetzesantrag mit einer Metapher dieser Provenienz – gar als offizieller Titel des Antrags – von einer demokratischen Partei eingebracht wird, ist eine Premiere in der Geschichte der Bundesrepublik. Die Metapher des „Stroms“ bzw. „Strömens“ und „Überströmens“ gehört nicht bloß historisch zum wesentlichen rhetorischen Repertoire des europäischen und deutschen Faschismus des 20. Jahrhunderts – insbesondere des Nationalsozialismus –, auch in der Gegenwart zählt sie zu den gebräuchlichsten demagogischen Instrumenten neofaschistischer, rassistischer und xenophober Bewegungen. Die AfD, der Rassemblement Nationale, die Fratelli d’Italia, die PiS-Partei, die Maga-Bewegung sowie andere ultrarechte Milieus verwenden „aquatisch-apokalyptische“ Metaphern für ihre inhumane Hetze gegen alles Fremde. Viktor Orbán gab die Metapher bereits 2015 als die wichtigste Kampflosung des neuen ultrarechten Geistes aus: Sicherheit für Leib und Gut ordentlicher Bürger gäbe es erst, „wenn die Flut aufgehalten worden ist“.
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