Durchgeknallt? Der seltsame Fetisch der FAZ mit der Berliner Zeitung

„Auf zur Hetzjagd!“ steht über einem aktuellen Kommentar in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Es geht um einen Bericht der Berliner Zeitung. An Absurdität ist das kaum zu überbieten. Ein Kommentar.
Jochen Zenthöfer, der Autor eines aktuellen FAZ-Kommentars, moniert einen Bericht der Berliner Zeitung über Plagiatsvorwürfe gegen die Präsidentin der Kölner CBS-Universität Anja Karlshaus, der am 3. Juni erschienen ist. Der FAZ-Autor behauptet, die Berliner Zeitung habe sich mit dem Plagiatsjäger Stefan Weber „zusammengetan“, um eine für das Blatt „typische Herangehensweise“ zu verfolgen und einen „Spin“ zu bedienen, um den Ruf der CBS-Präsidentin mutwillig zu beschädigen. Beanstandet wird, dass besagte Präsidentin eine unbekannte, unbedeutende Person sei und daher der Skandal aufgebläht wäre.
Der FAZ-Text ist irritierend. Nun entscheidet nicht die FAZ, was berichtenswert ist und was nicht – der Artikel über Anja Karlshaus wurde z.B. von RTL und von T-online übernommen. Merkwürdig ist außerdem, dass dieser Kommentar in der FAZ überhaupt erschienen ist. Denn eine E-Mail, die Jochen Zenthöfer an die Berliner Zeitung mit Fragen zum Bericht geschickt hatte, liest sich ganz anders als der spätere Kommentar.
Zenthöfer bedankt sich in der E-Mail ganz explizit für den Bericht der Berliner Zeitung über Anja Karlshaus. Der Autor schreibt: „Sehr geehrter Herr Kollege Cremer, danke für Ihren Bericht zum Plagiatsverdacht gegen Frau Karlshaus in Köln.“ Dass der FAZ-Mitarbeiter den Text der Berliner Zeitung als „Hetzjagd“ empfindet, wird in der E-Mail nicht deutlich. Zenthöfer lobt den Bericht sogar: „Sie haben alle Seiten zu Wort kommen lassen, was ich prima finde.“Im später erschienenen FAZ-Kommentar steht dann aber das Gegenteil. Dort heißt es: „Wir stellen uns das so vor: In der Redaktion der ‚Berliner Zeitung‘ werden Themen so gedreht und gewendet, bis sie den richtigen Spin haben.“ Wenn ein FAZ-Autor seine Meinung innerhalb von nur neun Tagen komplett ändert, muss man zu dem Schluss kommen, dass die FAZ hier wohl von sich selbst auf andere schließt. Oder so formuliert: Über welche Spins macht sich die FAZ Gedanken, wenn es um die Berichterstattung über die Berliner Zeitung geht?Fakt ist: Immer wieder veröffentlicht das Medium aus Frankfurt negative, unseriöse, überdrehte Berichte über die Berliner Zeitung und ihren Verleger Holger Friedrich. Der jüngst erschienene Kommentar stellt einen weiteren traurigen Höhepunkt dieses merkwürdigen Fetisch dar. Problematisch wird es dann, wenn grobe Richtlinien des Handwerks übergangen werden. Der Text ist schlichtweg falsch. In seinem Kommentar behauptet Zenthöfer, die Berliner Zeitung würde seit neuestem mit Stefan Weber kooperieren. Das ist nicht richtig. Die Berliner Zeitung kooperiert nicht mit dem Plagiatsforscher Weber. Wie viele Medien, auch die FAZ, berichten wir über Webers Plagiatsgutachten. Hin und wieder bietet Weber auch der Berliner Zeitung exklusive Meldungen an. Diese werden von verschiedenen Redakteuren in unserem Hause geprüft und gegebenenfalls verarbeitet. Was die Berliner Zeitung macht, ist keine „Hetzjagd“, sondern Journalismus.
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