Kunst: Durchhalten lernen

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Protest gegen Putin, Kunst im Kaufhaus-Schaufenster und Altmeister auf Drogen: Das 20. Gallery Weekend Berlin spiegelt das Weltgeschehen und vor allem Russland.
Das gefährlichste Werk auf diesem Berliner Gallery Weekend ist gleichzeitig eines der kleinsten: „Putins Asche“ steht jeweils auf drei kleinen Ampullen mit, ja: Asche darin. Die Russin Nadja Tolokonnikowa, bekannt geworden als Mitglied der politaktivistischen Punkband Pussy Riot, hatte vor zwei Jahren mit zwölf Mitstreiterinnen ein monumentales Porträt des Präsidenten verbrannt und die Überreste abgefüllt. Dass Abbild und Abgebildeter praktisch das Gleiche sind, dass einem Herrscherbild genauso zeremoniell gehuldigt werden muss wie dem Herrscher selbst oder dass in Abwesenheit eines Verurteilten auch dessen Bildnis hingerichtet werden kann, als sogenannte executio in effigie: Das sind Annahmen, die man eigentlich in der frühen Neuzeit verortet. Im Russland von heute wird diese Majestätsbeleidigung aber offensichtlich ebenfalls noch wie ein Mordanschlag geahndet. Tolokonnikowa ist von Russland jetzt international zur Fahndung ausgeschrieben, hält sich an unbekanntem Ort auf.
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