Theater: Der Chefdenker

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Carl Hegemann war quirlig, extrovertiert, seine anarchische Energie hat die Berliner Volksbühne entscheidend mitgeprägt. Nun ist der Dramaturg und Philosoph gestorben.
Zu den Besonderheiten von Carl Hegemann gehörte, dass man ihn jederzeit zu einem Thema aus dem Bereich Theater und Kunst anrufen konnte, und sogleich sprudelte er drauflos, geistreich, klug, begeistert. Mit der ihm eigenen Leidenschaft zückte er Hilfreiches aus seinem reichen Wissensfundus und anekdotisch Funkelndes aus seinem Erfahrungsschatz, holte aus, schweifte ab. Er war dabei immer lustig, immer freundlich und persönlich. Gab Lektüreempfehlungen, schickte Materialien und ließ sich gerne auch mal zu einem Gastbeitrag überreden. So wie im Frühjahr vergangenen Jahres, als er für die SZ einen Nachruf auf seinen künstlerischen Freund und Weggefährten René Pollesch verfasste. Das Schreiben sei ihm schwergefallen, bekannte Hegemann damals, „zu plötzlich, zu überraschend“ kam Polleschs Tod. Wer hätte gedacht, dass 14 Monate später er selbst es sein würde, den der Tod aus dem Leben reißt. Auch bei ihm, dem 76-Jährigen: zu plötzlich, zu überraschend.
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