Wem die Stunde schlägt – Coppola verkauft nach Filmflop Uhren, Costner bangt um sein Land mit Meerblick

Wer seinen großen Traum selbst bezahlt, dem schlägt, wenn es schlecht läuft, die Stunde. Francis Ford Coppola, einer der Bilderstürmer des gesellschaftskritischen „New Hollywood“, gab kürzlich offen zu, bankrott zu sein. Er wird sich deshalb von Teilen seiner Uhrensammlung trennen. „Ich brauche etwas Geld, um das Schiff über Wasser zu halten“, mit diesen Worten meldete sich der legendäre „Pate“-Regisseur (86) via Zoom aus Rom. Sieben seiner Handgelenkgeschmeide werden nun am Nikolaustag zum Verkauf angeboten werden. Grund für die unfreiwillige Trennung ist Coppolas letzter Film „Megalopolis“ (2024).
Der Sci-Fi-Monumentalfilm über ein neues Rom oder „den Tod und die Wiedergeburt einer Republik“, wie Coppola im „Rolling Stone“ sagte, war sein erstes Regieprojekt seit dem Vampirstück „Twixt“ (2011). Schon seit den 80er-Jahren hatte er den Film geplant. 100 Millionen Dollar wurden als Budget veranschlagt, 120 Millionen wurden daraus. Während zumindest einige Kritiker ein „Meisterwerk“ sahen, blieb das Publikum fern. Das weltweite Einspielergebnis laut „New York Times“: 14,4 Millionen Dollar - Megaflopolis.
Francis Ford Coppola,
Regisseur
Denn die Hollywoodrechnung sieht Rentabilität erst dann, wenn der Film allein durch den Kinoeinsatz das Dreifache seiner Produktionskosten einspielt. Damit werden dann die Kosten von Marketing und Vertrieb, die Kinoabgaben und Steuern (circa die Hälfte der Ticketeinnahmen) abgedeckt. Danach wird noch Kasse mit DVD, TV und Streaming gemacht.

Für Coppola ist es nicht die erste Pleite. 1982 hatte er das Beziehungskrisen-Musical „Einer mit Herz“ mit Nastassja Kinski inszeniert. Das Budget wuchs auch hier von zwei auf 25 Millionen Dollar. Einspielergebnis: 637.000 Dollar. Coppola meldete Insolvenz an und drehte die nächsten Filme zum Schuldenabtragen. Der Film bekam von bösen Zungen den Spitznamen „Einer durchs Herz“.
Coppola kam wieder auf die Beine und stieg in Nordkalifornien ins Winzergeschäft ein. Um das „Megalopolis“-Budget stemmen zu können, trennte er sich von zweien seiner Weingüter. Immer noch ist er guter Dinge, dass der Film auf lange Sicht Kasse machen wird, wie sein Antikriegsfilm „Apocalypse Now“ (1979). Aber das waren kinoaffinere Tage. „Megalopolis“ läuft jetzt bei Netflix.
Kevin Costners Western „Horizon: An American Saga – Chapter 1“ (2024) ist bei Prime Video zu sehen. Geschätzte Kosten: 100 Millionen Dollar. Kinoeinnahmen: 38,7 Millionen. Auch hier handelt es sich um ein - jahrzehntelanges - Herzensprojekt, für das Costner unter anderem, wie das Branchenmagazin „The Hollywood Reporter“ wusste, eine Hypothek auf sein Zehn-Hektar-Grundstück in Carpinteria am Pazifik (geschätzter Wert: 60 Millionen Dollar) aufnahm.
Auch bei Costner war es nicht der erste Kollaps: Für „Der mit dem Wolf tanzt“ (1990) hatte er Geld geliehen, ohne ein Major-Studio an Bord zu haben. Das Resultat: 424 Millionen Dollar Einnahmen, sieben Oscars und die Renaissance des Westerns. Die katastrophal performenden Dystopien „Waterworld“ (1995) und „Postman“ (1997) beendeten seine Erfolgsserie und seinen Einfluss.
Steven Spielberg erinnert sich an Martin Scorsese, als der von Änderungsplänen des Studios an seinem Film "Taxi Driver" erfuhr
Darum geht’s: Wer selbst finanziert, behält die Kontrolle. Keine Studiooberen, die hineinpfuschen oder die Expertise eines Testpublikums über das Genie des Regisseurs stellen. Martin Scorsese musste bei „Taxi Driver“ (1975) erleben, dass das Studio erwog, seinen Film um die Gewaltszenen zu kürzen. „Er wollte den Boss des Studios töten“, erinnert sich sein Freund Steven Spielberg in der Dokureihe „Mr. Scorsese“.
Dann gewann Scorsese die Goldene Palme in Cannes. Freiheit. Bis sein folgender Musikerfilm „New York, New York“ (1977) floppte. Den Kampf um seine Visionen führt er bis heute. Sich selbst sieht er als jemanden, der „die Philosophie einer jeden Einstellung kennen muss, bevor ich ans Set komme“.
Es gibt auch Erfolgsgeschichten. George Lucas finanzierte seinen zweiten „Star Wars“-Film „Das Imperium schlägt zurück“ (1980) über einen Bankkredit und sicherte so sein Skywalker-Franchise ab. Mel Gibson drehte seine Bibelbrutalität „Die Passion Christi“ (2004), die mit 611 Millionen Dollar Einnahmen (bei 30 Millionen Einsatz) die Nummer eins der privat finanzierten Filme ist. Derzeit arbeitet Donald Trumps Hollywood-Botschafter an der zweiteiligen Fortsetzung „Die Wiederauferstehung Christi“. Ein evangelikaler Blockbuster?
Wie Sparen hilft, zeigte Alfred Hitchcock bei „Psycho“ (1960). Ein Film über einen schizophrenen Slasher mit inzestuöser Note – das schien dem Studio Paramount 1959 unvermarktbar. Ein Frauenmord in der Dusche, die vermeintliche Heldin nach einem Drittel Filmzeit tot, der Bösewicht avancierte zum (Anti-)Held: Hitchcock gefiel es, Thrillerregeln auf den Kopf zu stellen.
Er verpfändete seine Villa dafür und drehte billig und schnell - mit der TV-Crew seiner Serie „Alfred Hitchcock präsentiert“ im damals günstigeren Schwarzweiß, als wäre der Film eine Serienfolge. „Das war die Erfahrung, um die es mir ging“, sagte Hitchcock 1962 zu seinem Kollegen François Truffaut, „herauszubekommen, ob ich einen langen Film zu denselben Bedingungen wie einen Kinofilm machen konnte.“ Der Film kostete 806.947 Dollar (das wären heute 8.662,466) und spielte 50 Millionen Dollar ein (heute 536.740.000). Seine Villa konnte Hitchcock behalten.

Bei Costners Ranchland mit Seeblick scharren die Gläubiger dagegen mit den Hufen. Das Fiasko könnte größer werden. Der zweite, bereits gedrehte „Horizon“-Teil hat noch keinen Starttermin, auch weil nicht klar ist, ob die Saga je ihre Kapitel drei und vier bekommen wird. Costner sei sogar in Saudi-Arabien auf (vergeblicher) Geldsuche gewesen, so der „Hollywood Reporter“. Ein Cowboy kennt keinen Schmerz.

Unter den Uhren, die Coppola zum Verkauf stellt, ist die FFC, die er mit der Schweizer Nobelmarke F.P. Journe kreierte – mit Uhrwerk-Einsicht und einer Hand im Handschuh als Zeiger. Sie geht mit einem Startgebot von einer Million Dollar in die Auktion. Das sei aber, wie die „New York Times“ vermerkte, weniger als ein Prozent der Kosten von „Megalopolis“.
Coppola wirkt gelassen. Er habe alles und nichts zu verlieren, hatte er vor dem Start des Films dem „Rolling Stone“ gesagt. Der leidenschaftliche Filmemacher hat seinen Film genauso erschaffen, wie er ihn sich erträumt hat. Und will damit gegen die Spaltung Amerikas arbeiten, „eine Energie liefern, die die Leute besiegen wird, die unsere Republik zerstören wollen“. Der Geist von „New Hollywood“ spricht da aus ihm.
Am Arm trage er jetzt „eine plebejischere Uhr“, sagte der New-Rome-Macher der „New York Times“- und zeigte seine Apple Watch.
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