Riese warnt vor nächster Bankenkrise
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Nach einem Rekordbruttogewinn im Jahr 2024 von 3,3 (2023: 3,2) Milliarden Euro behält der DZ-Bank-Konzern die Dividendenausschüttung an die Eigentümer, knapp 700 Volks- und Raiffeisenbanken, mit 448 Millionen Euro konstant. Vorstandschef Cornelius Riese verband diese Entscheidung am Dienstag auf der Bilanzpressekonferenz mit einer Kritik an die Branche, in der es üblich geworden sei, die Eigenkapitalrendite zu optimieren, indem das Eigenkapital verringert wird.
Ohne die Konkurrenten namentlich genannt zu haben, dürfte Riese auf die Deutsche Bank und die Commerzbank zielen, die mit Dividenden und dem Rückkauf eigener Aktien in den nächsten Jahren mehrere Milliarden Euro an „überschüssigem Eigenkapital“ an ihre Aktionäre zurückgeben wollen und damit bei gleichem Jahresgewinn den Gewinn je Aktie und damit die Eigenkapitalrendite hochtreiben. Dieser Branchentrend, sagte Riese, sei „ein Indikator für eine mittelfristig bevorstehende Finanzkrise“. Denn die Gefahr wachse, dass Banken plötzlich auftretende Verluste nicht mehr aus eigener Kraft stemmen könnten.
Die DZ Bank, die nicht börsennotiert ist und mit den VR-Banken einen festen Aktionärskreis hat, will diesen Branchentrend nicht mitmachen. Im Vergleich zu Commerzbank und Deutscher Bank, die Kernkapitalquoten um die 14 Prozent anstreben, ist die DZ Bank schon Ende 2024 mit einer Kernquote von 15,8 Prozent reichlich kapitalisiert gewesen. Nach den Worten von Riese soll die Kernkapitalquote auf mehr als 16 Prozent steigen. Für das laufende Jahr erwartet die DZ- Bank-Gruppe ein Vorsteuerergebnis von 2,5 Milliarden Euro bis drei Milliarden Euro. Damit sinkt die Eigenkapitalrendite, die aber für den genossenschaftlichen Verbund keine große Rolle spielt.
Aber auch dort läuft nicht alles rund. Zwar lieferten Union Investment (plus 27 Prozent zum Vorjahr) und der Versicherer R+V (plus 23 Prozent) mit jeweils 1,2 Milliarden Euro zum DZ-Bank-Konzerngewinn unerwartet hohe Gewinnbeiträge, die vor allem auf dem Kapitalmarktgeschäft beruhen. Aber gerade die Fondsgesellschaft Union, deren offener Immobilienfonds „Uni Immo Wohnen ZBI“ im vergangenen Jahr um 17 Prozent abgewertet werden musste, erlitt einen Rufschaden. Gerade kassierte sie zudem ein negatives Urteil vor Gericht. Demnach hätte der Fonds nicht in einer der risikoärmsten Risikoklassen verkauft werden dürfen. DZ-Bank-Chef Riese hält das Urteil, gegen das wahrscheinlich Berufung eingelegt wird, für existenzgefährdend für die gesamte Immobilienfondsbranche. „Wir reden über die Zukunft der Immobilienfonds in Deutschland – nicht mehr und nicht weniger“, sagte Riese.
Offene Immobilienfonds seien nachweislich in den vergangenen Jahrzehnten sehr wenig geschwankt, für dieses geringe Risiko hätten die Anleger niedrige Renditen in Kauf genommen. Wenn sie jetzt in hohe Risikoklassen eingestuft würden gemeinsam mit Derivaten und illiquiden Anlagen, „werden Immobilienfonds nicht mehr verkauft werden“, sagte Riese voraus. Und der DZ-Bank-Chef fragte weiter: „Wer soll dann noch in Deutschland in Immobilien investieren?“ Er zählte auf: Häuslebauer, Wohngenossenschaften, der Staat. Wenn sich aber auch mehr Hedgefonds in Wohnungen engagierten, ergäben sich auch gesellschaftliche Fragen, warnte er mit Blick auf die Bewohner, die vermutlich beträchtliche Mietsteigerungen befürchten müssten.
Im Firmenkundengeschäft wuchs das Kreditvolumen der DZ Bank AG im Jahr 2024 um sechs Prozent auf gut 90 Milliarden Euro. Die Nachfrage für Inlandsinvestitionen sei eher schwach, aber auch hier sei die DZ Bank gewachsen, sagte Vorstandsmitglied Johannes Koch. Stärker wachse die DZ Bank mit strukturierten Finanzierungen von Zukäufen und Projekten mit Deutschlandbezug im Ausland, etwa bei erneuerbaren Energien. Hier stütze sich die DZ Bank auf ihre Kompetenzen an Auslandsstützpunkten etwa in New York.
Das Kreditwachstum werde sich aber 2025 verlangsamen, sagte Riese voraus. Ein Großteil der Risikovorsorge von 457 (Vorjahr: 82) Millionen Euro entfiel 2024 auf den Fall des Agrarkonzerns Baywa, wo die DZ Bank mit einem mittleren dreistelligen Millionenbetrag engagiert ist. Immerhin sei es ihr erst vor nicht allzu langer Zeit gelungen, ein Bankenkonsortium zusammenzustellen und somit das Kreditrisiko nicht allein tragen zu müssen, sagte Riese. Er widersprach, dass es auch gegenüber zu stark expandierenden VR-Banken einen Kontrahierungszwang gebe. Die DZ Bank prüfe jede Kredit- und Liquidiätsentscheidung genau - auch wenn es sich um ein Mitglied des genossenschaftlichen Verbundes handelt. „Wir haben eine Kultur, die zum Widerspruch einlädt“, versicherte Riese.
Zum Thema ESG/Nachhaltigkeit beklagte der Konzernchef, dass in den USA „der Opportunismus der dortigen Eliten“ schwer zu ertragen sei. Die DZ Bank müsse sich nach Antritt der Trump-Administration nicht korrigieren: „Wir sind nicht der ESG-Polizist, sondern der Transformationsbegleiter“, stellte Riese klar. Man sollte aber über weniger Bürokratie für die Banken bei der ESG-Finanzierung nachdenken.
Die DZ Bank wolle auch wachsen, indem sie eine Rolle in der „taktischen Konsolidierung“ der Bankenbranche spielen werde. Hier nannte Riese mögliche euorpäische Initativen im Zahlungsverkehr. Zuletzt hatte die DZ Bank das Verwahrstellengeschäft der Apobank übernommen und sich in diesem Bereich zur Nummer drei in Deutschland verbessert.
Frankfurter Allgemeine Zeitung