Schwaches Jahr 2024: China bedrängt die deutsche Baumaschinen-Branche
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Die deutschen Hersteller von Baumaschinen hatten auf eine sanfte Landung gehofft, obwohl die schwache Konjunktur und vor allem der lahmende Wohnungsbau ihnen seit Längerem eine handfeste Krise beschert haben – aber die Zahlen für das Jahr 2024 sprechen eine andere Sprache. Der Umsatz mit Maschinen für den Hoch- und Straßenbau sowie für Erdbewegungen ging im vergangenen Jahr um 21 Prozent zurück, wie der Maschinenbauverband VDMA am Freitag in Frankfurt berichtete. Es ist ein Rückschlag, wie ihn diese Sparte des Maschinenbaus seit der globalen Finanzkrise nicht mehr erlebt hat.
Joachim Schmid, Geschäftsführer des Fachverbands Baumaschinen und Baustoffanlagen im VDMA, und sein Stellvertreter Sebastian Popp mussten eingestehen, dass aus der Krise im Wohnungsbau eine Krise der gesamten Bauindustrie geworden ist. Von den historischen Höchstmarken der Branche in den Jahren 2022 und 2023, als Konjunkturprogramme die Folgen der Pandemie abfederten und die Geschäfte der Baumaschinenunternehmen beflügelten, ist wenig übrig geblieben. Der Umsatz 2024 ist auf 12,2 Milliarden Euro abgesackt. Hochbaumaschinen kamen sogar auf ein Minus von 26 Prozent. Die Branche klammert sich an die Hoffnung, dass dies „nicht das neue Normal“ ist, wie es Popp formulierte, sondern dass in diesem Jahr einstelliges Wachstum möglich ist.
Der Optimismus dürfte auf eine harte Probe gestellt werden, zumal höhere Zölle in den Vereinigten Staaten Unheil verheißen würden. Da rund 20 Prozent der deutschen Exporte in die Vereinigten Staaten geliefert werden, könne dort „einiges verloren gehen“, wie es hieß. Die Branche brauche neue Märkte – oder eine Wiederbelebung anderer starker Märkte, womit vor allem Europa gemeint ist. Die USA, die 33 Prozent des Weltmarkts für Baumaschinen ausmachen und weit vor allen anderen Ländern und Regionen liegen, haben im vergangenen Jahr ebenfalls Federn gelassen und 14 Prozent Umsatz verloren. Und weil unter der Präsidentschaft von Donald Trump mit höherer Inflation zu rechnen sei, gebe es hier weiterhin eine „Tendenz nach unten“, wie es Popp formulierte.
Auch China, das für 11 Prozent des Weltmarktes steht und im vergangenen Jahr um 10 Prozent gewachsen ist, kann die Phantasien in der Branche nicht mehr beflügeln. Die Bauindustrie dort stecke immer noch in der Krise, und was nach dem Willen der politischen Führung gebaut werden sollte, sei längst gebaut. Größere Investitionsprojekte seien nicht mehr zu erwarten. Man dürfe „nicht allzu optimistisch sein, was China betrifft“.
Das Gegenteil ist der Fall – wenn man die internationale Konkurrenzsituation betrachtet. Die deutschen Hersteller brauchten einen Technologievorsprung, um sich behaupten zu können, sagte Schmid. Dieser gehörte immer schon zum Selbstverständnis der Branche. Aktuell werden die Warnrufe lauter, wenn es um chinesische Wettbewerber geht. Schmid kündigte an, dass sich die deutschen Unternehmen wehren würden, um Fehlentwicklungen zu begegnen.
Eine davon hat mit der Bauma zu tun, der Leitmesse der Branche in München, die im April stattfindet. Sie war immer schon die beste Gelegenheit, auch in schweren Zeiten Schwung zu holen und sich seiner selbst zu vergewissern. Dort sei es allerdings seit Längerem üblich, dass chinesische Baumaschinen ausgestellt würden, die aussehen, als seien sie für den europäischen Markt geeignet, denen aber EU-Genehmigungen fehlten. Eine Art Blendwerk zulasten deutscher Unternehmen.
Die Regeln seien hier „sehr lax“, sagte Schmid, und diese Praxis müsse unterbunden werden. „Unsere Geduld ist zu Ende.“ Auch die Kundenbranchen forderte er zur Wachsamkeit auf, denn die Marktaufsicht könne nicht überall sein. Zur Einordnung: Die Produktionskapazität in China ist größer als die globale Nachfrage nach Baumaschinen.
Wie viele Vertreter des deutschen Maschinenbaus muss aber auch Schmid zugeben, dass der technologische Vorsprung deutscher Unternehmer gegenüber ihren chinesischen Konkurrenten kleiner geworden ist. Hier ist ein Mitbewerber herangewachsen, der – großzügig gefördert vom chinesischen Staat – den Weltmarkt nicht nur mit sehr günstigen, sondern auch mit leistungsfähigen Maschinen flutet. Auch dieser verschärfte Wettbewerb gehört zum Gesamtbild der deutschen Baumaschinen-Branche. Diese rechnet außerdem damit, dass es demnächst zu mehr chinesischen Direktinvestitionen in Europa kommen wird, die Konkurrenz also näher rückt.
Schmid ist dennoch weit davon entfernt, die technologische Leistungsfähigkeit der Branche infrage zu stellen. Und er sagt, dass es Gebiete gebe, auf denen weder chinesische noch amerikanische Hersteller mithalten könnten. Das gelte für den Service, vor allem aber für die Integration unterschiedlicher Hersteller in großen Netzwerken, die Kunden großen Mehrwert brächten. Diese Hoffnungsschimmer passen zu den Ergebnissen der jüngsten Konjunkturbefragung deutscher Unternehmen durch den Fachverband; die Stimmung sei wieder positiver, hieß es, viele sähen die Talsohle erreicht. Es sind kleine Mutmacher, die in der großen Krise Halt geben sollen.
Vom VDMA in Frankfurt kam am Tag der großen Baumaschinen-Bilanz eine weitere Meldung, die den fragilen Zustand dieser industriellen Kernbranche verdeutlichte. Demnach sind die Gesamtexporte nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 5 Prozent zurückgegangen. Insgesamt wurden Maschinen und Anlagen im Wert von 199,6 Milliarden Euro exportiert. Preisbereinigt lagen die Maschinenexporte um 7,1 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Nicht nur Bagger, Kran, Straßenbaumaschine und Co. haben es derzeit schwer.
Frankfurter Allgemeine Zeitung