Bundesliga | Eintracht Frankfurt feiert in Freiburg – und der Sport-Club auch
Mit seinen Teamkollegen hatte Kevin Trapp schon eine ganze Weile ausgelassen vor dem Frankfurter Fanblock gefeiert, als er plötzlich mit blankem Oberkörper quer über den Platz in Richtung Kabine rannte. Irgendetwas fehlte dem Schlussmann der Eintracht offensichtlich – und wenig später hatte die schwarz-weiße Jubeltraube in der nordwestlichen Ecke des Freiburger Stadions Zuwachs bekommen: Eine Kiste Bier stand dort nun auf dem Rasen, die frisch für die Champions League qualifizierten Fußballer ließen es fließen.
RespektsbekundungSchnell kamen dann noch zwei weitere Kisten dazu, diesmal Frankfurter Provenienz. Dass die 3:1-Sieger im direkten Königsklassenduell aber zuerst zu einem bundesweit bekannten Bier aus dem Südschwarzwald gegriffen hatten, konnte durchaus auch als kleine Respektsbekundung gegenüber den unterlegenen Gastgebern interpretiert werden. Die Freiburger blickten zwar tapfer auf das Erreichte: Platz fünf und die Teilnahme an der Europa League. Zugleich war ihnen aber die enorme Enttäuschung anzusehen, Abwehrchef Matthias Ginter vergoß anfangs sogar bittere Tränen.
Eine großartige Saison vom SC Freiburg, der nur die Krönung fehlte? »Ja, kann sein. Aber jetzt gerade fühlt sich das nicht so prickelnd an«, sagte der gebürtige Freiburger Ginter, nach acht Jahren in Dortmund und Gladbach 2022 zum Sport-Club zurückgekehrt, missmutig. Aus dem Gästetrakt drangen in dem Moment besonders laute Glücksschreie in Ginters Ohren – und beim Abspielen der Champions-League-Hymne schoben die Frankfurter Spieler den Regler besonders weit nach oben. Es war die Begleitmusik einer Saison, in der die Eintracht am Ende noch einmal die Kurve bekommen hat.
NervensacheZwei Matchbälle hatte das Frankfurter Team von Trainer Dino Toppmöller am Ticketschalter von Europas Eliteliga zuletzt schon liegenlassen, erst in Mainz, dann gegen St. Pauli. Das finale Kräftemessen mit den widerstandskräftigen Breisgauern schien für die Eintracht zur Nervensache zu werden – spätestens, als die Hessen nach einer halben Stunde in Rückstand gerieten. Freiburg schien für seinen Premieren-Sprung in die Königsklasse bereit, für den es einen Sieg benötigte.
Der Ausgleich gelang den Frankfurtern mit etwas Glück durch Ansgar Knauff noch in der Nachspielzeit der ersten Hälfte. Rasmus Kristensen und Ellyes Skhiri brachten die Eintracht dann nach einer Stunde per Doppelschlag letztlich auf die verdiente Siegerstraße. Damit hat sich der Klub zum ersten Mal über die Bundesliga für die Champions League qualifiziert. »Ein historischer Erfolg«, wie Sportvorstand Markus Krösche unter Verweis auf seine innere Verfassung kommentierte: »Ich bin jetzt echt kaputt, der Druck war schon hoch.« Trainer Toppmöller, der seinen Vertrag am Donnerstag bis 2028 verlängert hatte, erwähnte seinerseits genüsslich die »vielen Zweifler« rund um den Verein, »die nicht an uns geglaubt haben«. Schon gar nicht, als Omar Marmoush, ihr Bester, Ende Januar für 80 Millionen Euro zu Manchester City gewechselt war. Und so lobte Vorstandssprecher Axel Hellmann: »Das heute ist ein Erfolg der sportlichen Überperformance.«
EinsichtZum zweiten Mal nach 2022 – damals als Gewinner der Europa League – hat die Eintracht nun das Tor zur kontinentalen Fußballprominenz durchschritten. Den Freiburgern dagegen hilft vielleicht die von Ginter formulierte Einsicht: »Gegen die vier Topklubs der Liga haben wir einen von 24 möglichen Punkten geholt. Das gehört auch zur Wahrheit.«
Die Europa League, von den Südbadenern in der ersten Saison unter Chefcoach Julian Schuster zum dritten Mal in vier Jahren geentert, scheint für Freiburg der maßgeschneiderte Wettbewerb zu sein. Deshalb war Mittelfeldmann Vincenzo Grifo durch »ein heulendes und ein lachendes Auge« hindurch auch schon bald nach Spielschluss in der Lage, eine Spitze Richtung Leipzig, Wolfsburg oder auch Stuttgart zu setzen. »Im Endeffekt können wir stolz auf uns sein«, befand der 32-Jährige. »Viele Mannschaften mit ganz anderen Ambitionen haben sich das vorgenommen, was wir jetzt erreicht haben.« Die Freiburger Art der Überperformance eben. Und das wurde dann später mit den Fans auch noch ausgiebig gefeiert.
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