DFB-Pokalfinale: Stuttgart und Bielefeld schaffen eine Symbiose, die es so selten gibt

Der VfB Stuttgart gewinnt den DFB-Pokal, Arminia Bielefeld schreibt dennoch Geschichte. Und die Fans sorgen für ein einzigartiges Erlebnis.
Vielleicht haben sie einen fiesen Ohrwurm, weil die Schwaben den Klassiker zuvor im Stadionrund angestimmt hatten. Vielleicht ist es ein wenig Selbstironie. Vielleicht ist es aber auch bierernst, weil es eben wirklich so schön war.
Spätestens mit dem 4:0 inklusive Jubelarie vor dem VfB-Block von Enzo Millot scheint das Spiel endgültig entschieden. Aber die Arminia ist ein anderer Club.
Das spürt man schon auf den Rängen. Nach jedem Gegentor feiern die Anhänger in Blau weiter, feuern ihre Mannschaft leidenschaftlich an, bauen sie auf. In so manchen Momenten wird stimmungstechnisch gar nicht deutlich, wer hier führt und wer deutlich zurückliegt.
Dabei fackeln die Stuttgarter auf der anderen Seite ebenfalls ein Feuerwerk ab – buchstäblich. Schon bei der Choreo liefern sich die Fanszenen ein Kräftemessen auf Champions-League-Niveau.

Beide Clubs bekamen 24.000 Tickets für ihre Anhänger. Das Olympiastadion teilt sich fair in der Mitte in Weiß und Blau, optisch wie akustisch gibt es keinen Vorteil für einen der Clubs.
Es sind Clubs mit Geschichte, Clubs mit Tradition. Clubs, wo aber sportlicher Erfolg in den vergangenen Jahren nicht unbedingt zur Tradition gehörte. Leiderprobte Fans, besonders den Arminen macht da bundesweit niemand etwas vor. Umso glücklicher sind sie über dieses einmalige Spiel.
Zwischen den Fanszenen entsteht eine Symbiose. Mal singen die einen, dann die anderen. Mal hüpfen die einen, dann die anderen. Mal schunkeln die einen, dann wieder die anderen.
Und dann wird es sogar noch sportlich spannend. Bielefeld trifft zum 1:4 – und damit als erster Drittligist in einem Pokalfinale – und die Arminen auf den Rängen feiern es wie den Pokalsieg. Ein verdienter Ehrentreffer? Ja, aber auch mehr. Denn es folgt sogar das 2:4.
Während sich bei den Stuttgarter Fans Nervosität breitmacht, versuchen die Ostwestfalen ihre Mannschaft ins Unendliche zu pushen. Doch die Aufholjagd kommt zu spät.
Durch dieses epische Finish können aber auch die Bielefelder mit Stolz vom Platz und aus dem Stadion gehen. Nach Abpfiff will aber niemand gehen.
Selten war es bei der feierlichen Pokalzeremonie noch so voll im Stadion. Auch die Bielefelder bleiben und feiern ihre Mannschaft. Dafür ernten sie Applaus von den Stuttgarter Fans.
Die Silbermedaille, die die Arminen um den Hals gehangen bekommen, tragen sie mit Würde. Niemand nimmt sie gleich wieder ab, wie man es so oft bei den Siegerehrungen beobachten kann. Für Bielefeld ist auch sie ein Gewinn.
"Ich trage diese Medaille mit Stolz – und ich bin sehr stolz auf diese Mannschaft. Das sind zwei Sachen, die für immer bleiben", sagt Kniat später. Ein Gefühl, das die Fans teilen werden.
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