Herthas nächster Stolperstart: Von allem zu wenig

Flaute statt Feuerwerk: Aufstiegskandidat Hertha BSC zeigt beim 1:2 auf Schalke eine Halbzeit lang, wie es in der 2. Liga nicht geht.
Wenig Wirkung: Herthas Kapitän Fabian Reese (im Zweikampf mit Schalkes Vitalie Becker) gelang wenig - wie dem ganzen Team. IMAGO/Nordphoto
Sie wähnten sich präpariert, aber sie waren es nicht. "Wir sind gut vorbereitet", hatte Herthas Sportdirektor Benjamin Weber vor der Dienstreise nach Schalke gesagt. Und Trainer Stefan Leitl hatte erklärt: „Ich würde mir natürlich ein Feuerwerk wünschen. Man klatscht nicht für einen Regenbogen, sondern eher für ein Feuerwerk." Stattdessen gab's auf Schalke für sein Team eine kalte Dusche - und mit der 1:2-Niederlage ligenübergreifend die fünfte Auftaktpleite in Serie seit 2021.
"Wir haben uns in den Fußball von Schalke reindrücken lassen"Ein 0:2-Rückstand nach 23 Minuten, fehlende Entschlossenheit und Aggressivität in den Zweikämpfen, viel zu leichte Ballverluste im Übergangsspiel, keine Durchschlagskraft, schwache Standards: Hertha zeigte zum Saisonstart 45 Minuten lang, wie es in der 2. Liga genau nicht geht. „Wir haben die erste Halbzeit komplett verschlafen und uns in den Fußball von Schalke reindrücken lassen", bilanzierte der neue Kapitän Fabian Reese bei Sky nach der 1:2-Schlappe bei seinem Ex-Klub.
"Wir haben unsere Prinzipien, unseren Matchplan überhaupt nicht umgesetzt. In der zweiten Halbzeit war es okay, aber auch nicht mehr." Sein ernüchtertes Fazit: "Wir sind in keiner Phase des Spiels richtig in unseren Fußball gekommen."
"Einige waren verängstigt vor der Kulisse"Hertha wusste, was kommen würde - und fand dennoch im ersten Durchgang keine Mittel dagegen. "Wer die Vorbereitung und den Trainer kennt, der wusste genau, was auf uns zukommt: viele lange Bälle, viele zweite Bälle", sagte Herthas Abwehrchef Toni Leistner. "Gerade in der ersten Halbzeit haben wir die zweiten Bälle gar nicht bekommen. Wir hatten auch nicht die Ruhe, den zweiten Ball mal zu verarbeiten. Wir wussten, was auf uns zukommt. Trotzdem waren einige überrascht und wahrscheinlich ein bisschen verängstigt vor der Kulisse."
Dass die Atmosphäre einige seiner Profis gehemmt haben könnte, mochte Leitl so nicht stehen lassen. "Das teile ich so nicht", erklärte der Coach. "Bis auf Julian Eitschberger und Sebastian Grönning hat jeder hier schonmal gespielt. Wir haben die ersten 20 Minuten komplett verschlafen. Wir wussten, was kommt: viele lange Bälle, zweite Bälle, Standardsituationen. Dann bist du 0:2 zurück, dann wird’s schwierig - vor allem, weil die Schalker dann in Umschaltsituationen kommen."
Das späte und ausgesprochen sehenswerte Anschlusstor durch Joker Grönning ließ kurzzeitig die Hoffnung auf ein Remis aufflackern. Aber am Ende kassierte der Hauptstadtklub eine Niederlage, die Leistner zu Recht als "verdient" einordnete.
"In den Marathon sind wir jetzt reingestolpert"Für das Team, das aufsteigen will und von einigen Experten als nominell stärkste Mannschaft der 2. Liga gesehen wird, war es gleich zum Start ein empfindlicher Rückschlag. Verloren ist nichts, aber die knapp 99 Minuten am Freitagabend haben Hertha und Leitl viele inhaltliche Ansätze geliefert, die es abzuarbeiten gilt.
"Jeder weiß, dass es nicht am 1. Spieltag entschieden wird. Es wird auch nicht an den ersten zehn Spieltagen entschieden", sagte Leistner. "Das Ganze ist ein Marathon. In den Marathon sind wir jetzt ein bisschen reingestolpert. Das heißt nicht, dass wir komplett raus sind.“ Komplett raus sind sie nicht. Aber sie müssen sich deutlich steigern, um überhaupt erstmal reinzukommen in den Aufstiegs-Marathon.
kicker