U21-EM im Überblick: Bayernfreie Zone

Es ist Anfang Juli 2023. Anthony Gordon und Curtis Jones hocken auf dem Rasen der Adjarabet Arena in Batumi und halten einen schimmernden Pokal in die Kamera. Die beiden sind gute Freunde, Teamkollegen in englischen Nachwuchsmannschaften und seit ein paar Minuten U-21-Europameister. Zwei Jahre später gehören beide zu Stammspielern in der Premier League und spielen weiterhin regelmäßig zusammen: inzwischen bei der englischen A-Nationalmannschaft. Ihren Weg wollen auch einige einschlagen, die demnächst ihre Reise in die Slowakei antreten werden.

Die diesjährige EM findet in der Slowakei statt. Zum zweiten Mal ist das Land Gastgeber des Turniers, nach der ersten Ausgabe im Jahr 2000. Die EM-Spiele verteilen sich auf acht Städte, die Stadien sind dabei recht klein. Im größten Stadion, in Bratislava, werden bis zu 22.500 Zuschauer das Finale verfolgen können. Die deutsche Nationalmannschaft bestreitet ihre Gruppenspiele in Nitra und Dunajská Lužná. Obwohl die Ticketpreise mit zwölf Euro günstig erscheinen, ist eine Reise in die Slowakei eher nichts für Kurzentschlossene:. Von Berlin aus braucht man mit dem Zug 11-16 Stunden zu den Spielorten. Die Spiele der deutschen Auswahl kann man dafür kostenlos bei Sat.1 verfolgen.

2021 wurde der Turniermodus erweitert: An der Endrunde nehmen jetzt 16 Teams teil, neben den üblichen Verdächtigen wie Rekordsieger Spanien und Italien (je fünf Titel) sind dieses Mal auch Georgien und Slowenien dabei. Für beide Länder ist es die erste über die Qualifikation erreichte Endrunde, zuvor nahmen sie nur wegen des Gastgeberrechtes am Turnier teil. Außerdem durfte sich die finnische Nationalmannschaft über das erste Erreichen der Endrunde seit 2009 freuen.

Die vier Gruppen sehen wie folgt aus:

Gruppe A: Slowakei (Gastgeber), Spanien, Italien, Rumänien

Gruppe B: Tschechien, England (Titelverteidiger), Deutschland, Slowenien

Gruppe C: Portugal, Frankreich, Polen, Georgien

Gruppe D: Finnland, Niederlande, Ukraine, Dänemark

Die Liste der Favoriten sieht ähnlich aus wie in den letzten Jahren. Spanien, England und Deutschland konnten allesamt in der Qualifikation überzeugen und treten mit guten Titelchancen an. Auch Italien und die Niederlande schließen sich diesem Kreis an. Seit Schwedens Sieg 2015 kamen die Sieger allerdings immer aus Deutschland, England oder Spanien.

Die allergrößten Supertalente wie Lamine Yamal, Jonas Urbig (beide Klub-WM) sowie Hugo Ekitike und Enzo Millot (beide verletzt) sind bei diesem Turnier trotz ihres theoretisch geeinigten Alters nicht dabei. Ihre Abwesenheit schmälert jedoch nicht die Attraktivität der Kader. Als amtierender Europameister reist etwa England wieder mit einem vielversprechenden Team an. Ein Name dürfte insbesondere für BVB-Fans relevant sein: Jobe Bellingham (aktuell noch bei Sunderland unter Vertrag). Der 19-Jährige Mittelfeldspieler ist seit zwei Saisons Stammspieler und feierte gerade mit Sunderland den Aufstieg in die Premier League. Sein Name wird mit einem baldigen Wechsel nach Dortmund in Verbindung gebracht.

Der nächste Kandidat hat gute Chancen, die kommende Saison in der Premier League zu verbringen: Jorrel Hato (Ajax Amsterdam) zählt aktuell zu den drei wertvollsten Spielern der Eredivisie. Chelsea zeigte zuletzt großes Interesse an dem 19-Jährigen Linksverteidiger. Neben seinen Stärken in der Defensivarbeit fällt der Niederländer vor allem durch seinen Beitrag zum Offensivspiel auf: Iin der vergangenen Saison kam er auf stolze neun Scorerpunkte.

Wohin der Weg von William Bøving nach der EM führen wird, ist noch unklar. Ein Verbleib des 22-jährigen Dänen bei Sturm Graz ist nach seinen bemerkenswerten Auftritten in der letzten Saison eher unwahrscheinlich. Erst vor einigen Tagen gewann er die Wahl zum Tor des Spieltags:

Der Mittelstürmer kam in der letzten Saison auf elf Tore und fünf Vorlagen auf Vereinsebene.

Bereits vorgezeichnet ist dafür die Laufbahn von Geovany Quenda. Der 18-jährige Portugiese, der jetzt schon zu den teuersten Nachwuchsspielern weltweit zählt, wird sich im Sommer 2026 Chelsea anschließen. Dabei ist sein Profidebüt noch nicht mal ein Jahr her. Unter dem Ruben Amorim, mittlerweile Trainer von Manchester United, debütierte er gleich zur Beginn der Saison 2024/25 bei Sporting Lissabon und setzte sich postwendend durch. Unter Amorim orientierte sich der Flügelspieler eher defensiv, bei der U21-Nationalmannschaft agiert er offensiver. Fabio Roque, ein Trainer der Sporting Akademie, verglich Quendas Spielweise in einem Interview bei Sky mit Bukayo Saka.

Auch Gastgebernation Slowakei hofft auf einen guten Auftritt ihrer Auswahl. Eine entscheidende Rolle könnte dabei der 20-Jährige Nino Marcelli spielen. Aktuell ist er bei Slovan Bratislava unter Vertrag und zählt seit zwei Saisons zum Profikader. In dieser Zeit bekam der Mittelfeldakteur bereits die Gelegenheit, sich auf europäischer Bühne zu zeigen. Obwohl Slovan Bratislava in der Champions League punktlos blieb, sorgte Marcelli mit einem sehenswerten Tor genau in den linken oberen Torwinkel gegen AC Milan für einen Highlight-Moment.

Spätestens seit diesem Treffer ist er auf dem Radar von größeren europäischen Vereinen, die Gespräche mit AC Milan im Winter scheiterten allerdings.

Das Team von Antonio Di Salvo muss aufgrund der parallel stattfindenden Klub-WM auf sieben Spieler verzichten, die zuvor regelmäßig zum Kreis der U21-Nationalmannschaft gezählt haben. Dazu gehören auch Leistungsträger wie Karim Adeyemi, der in der Qualifikationsphase fünf Tore erzielte. Verletzungsbedingt mussten zudem zuletzt das jüngste Kadermitglied abreisen: Finn Jeltsch verpasst die EM aufgrund einer Verletzung im Unterschenkel. Trotz dieser Ausfälle ist das Team gut besetzt. Viele der Spieler kommen aus einer erfolgreichen Klub-Saison, die ihnen das nötige Selbstvertrauen für einen souveränen EM-Auftritt geben könnte: Der U21-Kapitän Eric Martel ist gerade mit dem 1.FC Köln Zweitligameister geworden und in die Bundesliga aufgestiegen. Ansgar Knauff, Nathaniel Brown und Nnamdi Collins feierten mit Eintracht Frankfurt den Einzug in die Champions League, während Nick Woltemade als DFB-Pokalsieger und A-Nationalmannschaftsspieler zur EM anreisen wird. Der DFB-Sportdirektor Rudi Völler zeigte sich zuletzt zuversichtlich: „Trotz der Abstellungen zur Klub-WM ist der Kader richtig gut, egal, wer da auf dem Platz steht, kann die Mannschaft weit kommen, davon bin ich überzeugt.“

Wer das erste Gruppenspiel unserer U21 am 12.Juni kaum abwarten kann, kann sich die Zeit mit drei weiteren Fakten zum Turnier vertreiben.

Im Kader des DFB-Teams ist bei dieser EM wieder kein Spieler des FC Bayern zu finden. (Anm.: Paul Wanner verbrachte die Saison 2024/25 per Leihe vom FC Bayern beim 1.FC Heidenheim) Diese Begebenheit hat mittlerweile Tradition: Michael Rensing war 2006 der letzte Bayern-Spieler in der deutschen Nationalmannschaft bei einer U21-EM.

In diesem Jahr stellt neben dem Rekordmeister auch der BVB keinen einzigen Spieler.

Als der portugiesische Nationaltrainer Rui Jorge seinen Posten bei der U21-Mannschaft antrat, war der jüngste Spieler des Turniers und sein jetziger Schützling Rodrigo Mora gerade mal drei Jahre alt. Jorge ist nämlich seit 2010 im Amt.

Sightseeing oder Spielbesuch? In Trenčín muss man sich nicht für eins entscheiden. Direkt von der Tribüne des Stadions aus hat man einen perfekten Blick auf die mittelalterliche Burg, die zentrale Sehenswürdigkeit der Stadt. Bei der EM werden hier drei Gruppenspiele der Gruppe C ausgetragen.