ERKLÄRT - Über die Ernährung gelangt Quecksilber in den Körper. Ist das schädlich?

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ERKLÄRT - Über die Ernährung gelangt Quecksilber in den Körper. Ist das schädlich?

ERKLÄRT - Über die Ernährung gelangt Quecksilber in den Körper. Ist das schädlich?

Illustration Simon tanner / NZZ

Leserfrage: Bei einem Bluttest lag mein Quecksilbergehalt bei 3,4 Mikrogramm pro Liter. Ist das gesundheitsgefährdend? Und wie gelangt das Metall in den Körper? Ich weiss, dass Thunfisch eine Quelle ist, aber wir essen keinen. Wie sieht es mit Obst, Gemüse und Trinkwasser aus?

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Die beruhigende Nachricht vorneweg: «Es besteht kein Grund zur Sorge», sagt Michael Arand, Professor für Toxikologie an der Universität Zürich: «Ein Quecksilbergehalt von 3,4 Mikrogramm pro Liter Blut ist unbedenklich.» Gemäss dem deutschen Umweltbundesamt kann bei einem Wert unter 5 Mikrogramm pro Liter eine gesundheitliche Gefährdung ausgeschlossen werden. Und so richtig kritisch werde es erst ab 15 Mikrogramm pro Liter. Von bedenklichen Werten ist unsere Leserin also weit entfernt. Dies, obwohl ihr Wert leicht höher ist als der Durchschnitt – dieser lag in der Schweiz in einer Studie bei 1,3 Mikrogramm pro Liter.

In der Rubrik «Wohl & Sein antwortet» greifen wir Fragen aus der Leserschaft rund um Gesundheit und Ernährung auf. Schreiben Sie uns an [email protected].

Dass in unserem Blut minimale Spuren von Quecksilber zu finden sind, ist gemäss dem Toxikologen Arand normal. Denn das Schwermetall kommt natürlicherweise in geringen Mengen in Luft, Wasser und Boden vor. Zusätzlich wird Quecksilber etwa in Kohlekraftwerken und bei der Müllverbrennung freigesetzt. Gemäss dem Bundesamt für Gesundheit liegen die Quecksilberwerte in der Umwelt für die Schweiz «weit unter für die Gesundheit bedenklichen Werten».

Gesundheitliche Probleme sind selten

Aber hat man uns als Kinder nicht vor dem giftigen Quecksilber gewarnt – etwa wenn ein Fieberthermometer zerbrach? Doch, und dies zu Recht. Denn Quecksilber kommt in verschiedenen Formen vor und kann sehr giftig sein. Reines Quecksilber in Tropfenform, wie es früher in Thermometern verwendet wurde, verdampft leicht. Atmen wir es ein, gelangt es ins Blut und verteilt sich im Körper. Es gelingt dem Schwermetall auch, die Blut-Hirn-Schranke zu durchdringen, so dass es sich im Gehirn ablagert. Daher ist das Schwermetall vor allem für unser Nervensystem gefährlich. Ein weiteres Problem: Es verbleibt lange im Körper. Gelangt Quecksilber in die Umwelt, können es Mikroorganismen in Methylquecksilber umwandeln, eine besonders gesundheitsgefährdende Variante.

Gesundheitliche Probleme sind allerdings selten. Bei Bluttests wird der Quecksilbergehalt daher nicht standardmässig gemessen. «Das Blut auf Quecksilber zu testen, ist nur angezeigt, wenn Verdacht auf eine akute Vergiftung besteht», sagt der Toxikologe Arand. Zu den entsprechenden Symptomen gehören Zittern, Muskelschwäche und kognitive Probleme. Von solchen Vergiftungen waren in den 1950er Jahren Tausende von Menschen in Japan betroffen. Damals hatte eine Fabrik mit belastetem Abwasser die Fische in einer Bucht vergiftet.

Raubfische speichern Quecksilber

Wie aber gelangen die zumeist minimen alltäglichen Spuren von Quecksilber in unseren Körper? Gemäss dem Bundesamt für Gesundheit steht dabei der Verzehr von Fischen und gewissen Meerestieren im Vordergrund. Vor allem grosse Fische, die sich von Fischen ernähren, sammeln Methylquecksilber in ihrem Körper. Dazu gehören vor allem Schwertfisch, Heilbutt und Thunfisch. So werden in Proben von Thunfischdosen bisweilen erhöhte Werte gefunden. Wer es genau nehmen will: Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit stellt einen Quecksilber-Rechner für den Fischkonsum zur Verfügung. Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung empfiehlt Schwangeren und stillenden Frauen, auf die genannten Fische zu verzichten.

Für grosse Diskussionen sorgten lange Zeit die Amalgamfüllungen in den Zähnen. In der EU sind diese seit Anfang 2025 verboten, und auch in der Schweiz wird Amalgam kaum noch verwendet. Die EU will mit dem Verbot primär verhindern, dass Quecksilber bei der Entsorgung in die Umwelt gerät. Ein Bericht kam zu dem Schluss, Amalgam könne zwar gelegentlich allergische Reaktionen in der Mundhöhle verursachen, aber sonst liege kein Nachweis vor, dass es gesundheitliche Probleme verursache. «Dazu ist die abgegebene Menge an Quecksilber viel zu gering», sagt der Toxikologe Arand.

Auch andere Gefahrenquellen sind heute beseitigt – etwa das Quecksilber in Thermometern, Blutdruckmessgeräten und bisweilen Desinfektionsmitteln. Solche Anwendungen sind inzwischen nicht mehr zulässig oder sind durch technische Innovationen überflüssig gemacht worden. Heute ist Quecksilber nur noch in wenigen Produkten enthalten, etwa in Energiesparlampen.

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Das Trinkwasser kommt als Quelle einer Quecksilberaufnahme kaum infrage. Die Nationale Grundwasserbeobachtung Naqua ergab für den Zeitraum 2004 bis 2006, dass in keiner Probe von fünfzig Messstellen Quecksilber nachweisbar war. «Auch wenn Quecksilber natürlicherweise im Wasser vorkommen kann, sind die Werte oft so tief, dass sie gar nicht nachweisbar sind», sagt Adrien Mestrot, Leiter der Gruppe für Bodenkunde an der Universität Bern. Wie bereits erwähnt, sind auch im Boden natürlicherweise Spuren von Quecksilber zu finden. Zudem kann das Metall aus Düngemitteln, Pestiziden oder der Luft in den Boden gelangen. «Das Quecksilber bleibt allerdings meistens an den Boden gebunden und kann von den Wurzeln der Pflanzen nicht aufgenommen werden», sagt Mestrot.

Eine Besonderheit sind gemäss dem Toxikologen Michael Arand bisweilen Pilze. Diese neigen dazu, mit ihrem feinen Filtersystem auch Schwermetalle aus der Luft oder dem Boden aufzunehmen und zu speichern. Pilzproben liefern zum Teil Werte, die über den festgelegten Grenzwerten liegen. «Allerdings speichern etwa Steinpilze vor allem anorganisches Quecksilber, das unser Körper nicht gut aufnehmen kann», sagt Arand.

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