RKI warnt vor Diphtherie-Ausbruch: Was steckt hinter der Krankheit?

Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat vor einem deutschlandweiten Diphtherie-Ausbruch gewarnt. Das RKI beruft sich dabei in seinem aktuellen epidemiologischen Bulletin auf Genomsequenzanalysen. Konkret handle es sich bei dem Erreger um das Corynebacterium diphtheriae vom Sequenztyp ST-574, der im Herbst 2022 erstmals in Deutschland festgestellt wurde.
Anders als bei vorherigen Fällen seien in diesem Fall nicht nur Geflüchtete betroffen, sondern auch andere vulnerable Gruppen wie Wohnungslose oder ältere Personen mit Vorerkrankungen. Auch dass sich die Krankheit innerhalb Deutschlands übertrage und es vermehrt zu respiratorischer, also die Atmung betreffende, Diphtherie komme, die teils tödlich verlaufe, sei auffällig, so das RKI. Zudem könne nicht ausgeschlossen werden, dass auch Nachbarstaaten betroffen sind.
Lange Zeit war Diphtherie in Deutschland nahezu verschwunden. Im Januar war ein Schulkind in Berlin daran gestorben. Er war nach Angaben des „Tagesspiegel” nicht geimpft und hatte vier Monate gegen die Krankheit gekämpft. Wie gefährlich ist Diphtherie noch? Welche Symptome treten auf und wie kann man sich dagegen schützen? Ein Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten.
Diphtherie ist laut Robert-Koch-Institut (RKI) eine bakterielle Infektion, die sowohl im Rachen als auch auf der Haut auftreten kann.
Lange Zeit war die Krankheit eine der Hauptursachen für Krankheiten und Todesfälle bei Kindern. Sie kann jedoch in jedem Alter auftreten. Auch, wenn die Krankheit potenziell tödlich verlaufen kann, sind Todesfälle in Deutschland sehr selten geworden.
Die Rachen- und Kehlkopfdiphtherie wird in der Regel durch das Corynebacterium diphtheriae ausgelöst. Die Bakterienstämme C. diphtheriae, C. ulcerans und C. pseudotuberculosis können die sogenannte Hautdiphtherie auslösen.
Nach zwei bis fünf Tagen entwickeln sich bei Betroffenen typischerweise Halsschmerzen und „fest anhaftende Beläge“ im Rachen. Der nun verstorbene Junge war im September zunächst wegen einer akuten Entzündung der Rachenmandeln behandelt worden. Später wurde Diphtherie diagnostiziert. Seit Oktober musste das Kind künstlich beatmet werden.
Die Beläge im Rachenbereich können sich anreichern und dazu führen, dass Betroffene ersticken. Deswegen hat Diphtherie auch den Beinamen „Würgeengel“ für Kinder bekommen.

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Weitere Symptome können nach Angaben der Techniker Krankenkasse süßlich-fauler Atemgeruch, geschwollene Lymphknoten, bellender Husten, Heiserkeit und Fieber sein.
Wenn Diphtherie-Erreger in eine Wunde gelangen, kann sich schmieriger Wundbelag bilden. Zudem kann es zu Geschwüren, Vereiterungen und Schmerzen kommen. Es kommt zur sogenannten Hautdiphtherie. Gelangen Erreger in den Blutkreislauf, können zudem innere Organe und Nerven geschädigt werden. Das RKI warnt vor Herzmuskel- oder Nervenentzündungen.
Bei der häufigsten Form der Diphtherie, der Rachendiphtherie, bildet sich nach wenigen Tagen ein dicker, weißlicher und fest haftender Belag im Rachenraum und in der Nase. Diese Schicht wird auch Pseudomembran genannt.
Sie besteht nach Angaben des MSD-Manuals aus weißen Blutkörperchen, Bakterien und anderen Substanzen. Je weiter sie sich im Rachenraum ausbreitet, desto mehr verengt sie die Atemwege und erschwert das Schlucken.
Diphtherie ist hochansteckend. Die Krankheit wird durch Corynebakterien verursacht und hauptsächlich durch Tröpfcheninfektion übertragen. Die Erreger gelangen beispielsweise durch engen Kontakt beim Husten oder Niesen von Mensch zu Mensch.
Möglich ist aber auch eine direkte Übertragung durch Gegenstände oder eine Schmierinfektion über Hautdiphtherie-Wunden oder infektiöse Ausscheidungen.
Der wirksamste Schutz gegen Diphtherie ist die Impfung. Daher empfiehlt die Ständige Impfkommission (Stiko), Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene standardmäßig gegen die Krankheit impfen zu lassen.
Säuglinge sollten demnach für eine Grundimmunisierung jeweils nach zwei, vier und elf Lebensmonaten geimpft werden. Kinder einmal zwischen fünf und sechs Jahren sowie zwischen neun und 14 Jahren. Ab 18 Jahren empfiehlt die Stiko alle zehn Jahre eine Auffrischungsimpfung.
Wer bisher noch nicht gegen Diphtherie geimpft wurde, kann die Immunisierung nachholen. Dafür erhält man zwei Impfungen im Abstand von einem Monat und eine dritte Impfung nach sechs Monaten.
Die Impfung bietet einen zuverlässigen Schutz gegen die Symptome der Diphtherie, also vor dem Ausbrechen der Krankheit, nicht aber vor der Infektion. Das bedeutet, dass auch geimpfte Menschen (Über-)Träger der Diphtherie-auslösenden Corynebakterien sein können.
Diphtherie ist hochansteckend und kann tödlich enden. Das RKI teilte auf Anfrage mit, dass im Jahr 2023 eine erwachsene Person infolge einer Hautdiphtherie gestorben sei, 2024 starben zwei erwachsene Personen an Rachendiphtherie. Weil aber die meisten Menschen in Deutschland geimpft sind, sind solch schwere Verläufe selten.
Nach Angaben des RKI sind 77 Prozent der Kinder des Geburtsjahrgangs 2021 im Alter von 20 Monaten vollständig geimpft. Bei Schulanfängerinnen und -anfängern ist die Impfquote höher und beträgt 92,4 Prozent (2020).
Wie entscheidend die Impfung für den Verlauf der Erkrankung ist, wird auch bei dem aktuellen Fall in Berlin deutlich. Durch Kontaktnachverfolgung des Gesundheitsamts war bei einem weiteren Menschen aus dem familiären Umkreis des Kindes Diphtherie festgestellt worden. Diese Person war jedoch geimpft und hatte daher nur einen leichten Erkrankungsverlauf gehabt, teilte der Landkreis Havelland mit.
Je früher, desto besser. Denn wenn die Erkrankung frühzeitig erkannt wird, besteht eine gute Chance, sich vollständig davon zu erholen. Im Falle eines Verdachts verabreicht der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin ein Gegengift und ein Antibiotikum, um noch lebende Bakterien abzutöten.
In der Regel wird eine Diphtherie-Erkrankung im Krankenhaus behandelt. So können Betroffene bei Komplikationen schnell intensivmedizinisch betreut werden. Weil die Krankheit so ansteckend ist, werden Betroffene von anderen Menschen isoliert. Im schlimmsten Fall müssen Betroffene künstlich beatmet werden.
Da die meisten Säuglinge und Kinder in Deutschland seit 1960 geimpft werden, ist die Krankheit hierzulande selten geworden.
Weil sich die Krankheit durch die Impfung aber nicht vollständig ausrotten lässt, kommt es immer wieder zu kleineren Ausbrüchen. Seit mehr als zwanzig Jahren bewegen sich die jährlichen Fallzahlen nach Angaben von Statista jedoch im einstelligen und niedrigen zweistelligen Bereich.
Im Jahr 2022 kam es zu einem plötzlichen Anstieg. Es wurden 177 Diphtherie-Fälle übermittelt. Im Jahr darauf waren es 145. Seit dem vergangenen Jahr haben sich die Zahlen mit 47 Fällen jedoch wieder normalisiert.
Das RKI führt den plötzlichen Anstieg im Infektionsepidemiologischen Jahrbuch auf importierte Erreger zurück, von denen im Sommer 2022 mehrere Länder in Europa betroffen waren.
Dieser Text wurde aktualisiert. Er erschien erstmals am 2. Februar 2025.
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