USA: Biotech-Firma erschafft Parfüms aus der Vergangenheit

Eine Reise durch die Zeit, nicht mit einer Maschine, sondern mit der Nase: Aus alten Pflanzenproben entstehen Parfüms, die längst verstummte Geschichten erzählen. Eine US-Firma hat gemeinsam mit Harvard University Herbaria, das über fünf Millionen botanische Exemplare beherbergt, und dem Biotech-Unternehmen Ginkgo Bioworks ein bemerkenswertes Projekt realisiert: Sie stellt Parfüms aus Pflanzen her, die seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten als ausgestorben gelten. Wie der US-Sender CNN berichtet, ist es dabei gelungen, die DNA konservierter Pflanzenproben – manche über 150 Jahre alt – zu sequenzieren und die darin enthaltenen Duftmoleküle zu rekonstruieren.
„Wir haben uns vorgenommen, Düfte zu erschaffen, die wir noch nie zuvor gerochen haben – und Parfums, die bisher unmöglich herzustellen waren“, sagte Jasmina Aganovic, Gründerin und CEO von Future Society und seiner Muttergesellschaft Arcaea, im Videointerview mit CNN. „Es ist eine ähnliche Technologie wie die, die auf ancestry.com oder 23andme verwendet wird, bei der Nutzer in ein Röhrchen spucken, es einschicken und dann auf ihre genetischen Ergebnisse warten.“

Ein Regal voller Düfte
Quelle: Omkar Jadhav, Unsplash
Future Society wandte diese Technik auf konservierte Pflanzenproben ausgestorbener Blumen an und suchte gezielt nach Duftmolekülen, die eine Vorstellung davon geben, wie diese Pflanzen einst gerochen haben könnten.
Sechs ausgestorbene Arten wurden bereits zu Düften verarbeitet – mit olfaktorischen Noten, die von holzig bis blumig reichen. Darunter ist etwa das Orbexilum stipulatum, eine krautige Pflanze, die einst auf Rock Island, eine kleine ehemalige Insel im Ohio River bei den Falls of the Ohio nahe Louisville und Clarksville, wuchs und zuletzt 1881 blühte. Die Pflanze verschwand vermutlich, nachdem die Bisons, die ihre Samen verbreiteten, aus der Region verschwanden. In den 1920er-Jahren wurde das Gebiet zudem überflutet – jede Hoffnung auf eine Wiederkehr erlosch.

Orbexilum Stipulatum
Quelle: Wikipedia Commons
Jeder Duft von Future Society ist eine Art kreative Zeitreise. Inspiriert von Orbexilum stipulatum entwickelte Parfümeurin Olivia Jan den Duft „Grassland Opera“, und versuchte dabei, „etwas Nasses, Grünes und Üppiges zu kreieren“, wie sie einst gegenüber „Harper’s Bazaar USA“ erklärte.
Auch Daniela Andrier, die zwei Düfte für Future Society komponierte, wollte das Thema Aussterben einfangen – allerdings aus der Perspektive der Erde. Ihr Duft „Reclaimed Flame“ würdigt das südafrikanische Leucadendron grandiflorum, das zuletzt 1960 blühte. „Invisible Woods“ basiert auf dem indischen Wendlandia angustifolia, das 1917 infolge einer Dürre verschwand.
Parfümeur Jérôme Epinette wiederum kreierte drei Düfte, darunter den Bestseller „Solar Canopy“, der auf der hawaiianischen Hibiskusart Hibiscadelphus wilderianus basiert, die 1912 durch Abholzung ausstarb. Epinette war fasziniert von der Idee des Zeitreisens und wollte, dass der Träger des Parfüms das Gefühl hat, „mit der Blume im Wald oder auf dem Berg zu stehen“, wie CNN berichtet.
RND/bab
rnd