Warzentherapie: Nebenwirkungen für den Zimmergenossen


Cavallini James / BSIP / Imago
Gegen Warzen wusste Mark Twains Romanfigur Tom Sawyer ein sicheres Mittel: Man schleiche mit einer toten Katze auf den Friedhof und warte, bis der Teufel komme, um einen frisch begrabenen Sünder einzukassieren. Dem Satan schmeisst man dann die Katze hinterher, worauf sich dieser ausnahmsweise von seiner netten Seite zeigt und nicht nur die sündige Seele, sondern auch die Warze in die Hölle entführt.
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In dieser Kolumne werfen Autorinnen und Autoren einen persönlichen Blick auf Themen aus Medizin und Gesundheit.
Inzwischen erspart einem die Wissenschaft glücklicherweise solche nächtlichen Ausflüge, sie hat zeitgemässere Mittel zur Entfernung der Hautwucherungen erfunden. Aber auch die haben ihre Schattenseiten.
Kürzlich war ich mit einem Freund in den Ferien, den eine besonders fiese Form dieser Geschwülste quälte, eine sogenannte Dornwarze. Dornwarzen sind mehr als ein kosmetisches Problem, denn sie wachsen auf den Fusssohlen, wo sie konstantem Druck ausgesetzt sind. In der Folge entstehen in der Tiefe oft harte, oft blutende Verhornungen, die sich beim Laufen so anfühlen, als träte man ständig auf ein Steinchen im Schuh.
Verursacher dieser Wucherungen sind sogenannte Papillomviren. Die Erreger dringen durch kleine Wunden oder Risse in die Haut ein und regen dort die Vermehrung von Zellen an, was zu den entsprechenden Hornhautverdickungen führt. Wer sich einmal angesteckt hat, bei dem folgt oft eine Warze auf die andere. Zudem bescheren die Erreger bei engerem körperlichen Kontakt auch Freunden, Partnern oder Verwandten Warzen.
Nebenwirkungen für die NaseDoch auch ohne Hautkontakt kann das Zusammenleben mit einem Warzenträger unangenehme Überraschungen parat halten. So hatte ich im Ferienquartier beim Zubettgehen stets das Gefühl, nicht neben meinem Freund, sondern neben einem Mülleimer zu schlafen. Ein übler Gestank zog durch das gemeinsame Zimmer, sobald er seine Anti-Warzen-Tinktur auf den Füssen verteilte.
Das von ihm verwendete freiverkäufliche Produkt setzt sich vor allem aus Milch- und Salicylsäure zusammen, die kurzzeitig einen ziemlich abstossenden Geruch produzieren können. Die zwei- bis viermal täglich auf die Warze aufgetragene Tinktur weicht die wuchernde Hornhaut auf, die man dann Schicht für Schicht abtragen kann. Zudem stimuliert sie wohl auch Abwehrzellen dazu, die Viren anzugreifen.
Vier bis sechs Wochen muss man den Geruch als Anwender oder Mitbewohner ertragen. In Studien liegt die Erfolgsrate bei mageren 50 Prozent. Man kann auch zu härteren Mitteln greifen und Wirkstoffkombinationen mit dem Zellgift Fluorouracil verwenden. Diese sind aber rezeptpflichtig, zudem ist noch offen, ob sie tatsächlich besser wirken. Dasselbe gilt für die Vereisungsbehandlung, die Kryotherapie, die Dermatologen anbieten.
Der neuste Schrei in den Praxen: ein Stift namens Swift, der Ultraschallwellen aussendet. Mit ihm sollen sich sogar hartnäckige Warzen entfernen lassen. Allerdings kostet diese Therapie schnell mehr als hundert Franken. Mit toten Katzen, das wusste schon Tom Sawyer, ist man da deutlich billiger dran.
Bereits erschienene Texte unserer Kolumne «Hauptsache, gesund» finden Sie hier.
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