Doping: Ysaora Thibus vom Internationalen Sportgerichtshof endgültig freigesprochen

Es brauchte Zeit und viel Mut. Doch der Kampf der französischen Florettfechterin Ysaora Thibus um ihre Ehre endete am Montag, dem 7. Juli. Der Internationale Sportgerichtshof (CAS) wies die Berufung der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) zurück. Diese hatte die Aufhebung ihrer Sperre nach einem positiven Test auf Ostarine im Januar 2024 angefochten.
Während der Paris International Challenge ging alles schief. Der Olympia-Vizemeister in Tokio wurde positiv auf Ostarine getestet, ein verbotenes Anabolikum. Anfang Februar 2024 kam die Nachricht: vorläufige Sperre. Der Schock war groß für den Athleten, der sofort behauptete, Opfer einer unbeabsichtigten Kontamination geworden zu sein.
Ihre ebenso unerwartete wie sorgfältig dokumentierte Verteidigung stützt sich auf eine selten akzeptierte Hypothese: die einer Übertragung durch Körperflüssigkeiten, durch Küsse mit ihrem damaligen Partner, dem ehemaligen amerikanischen Florettfechter Race Imboden. Letzterer hatte kontaminierte Nahrungsergänzungsmittel zu sich genommen.
Eine Verteidigungslinie, die in anderen Disziplinen (insbesondere im Fall des Tennisspielers Richard Gasquet) bereits akzeptiert ist, in der Sportwelt jedoch Skepsis und Spott hervorruft. Das Anti-Doping-Disziplinargericht des Internationalen Fechtverbandes (FIE) ist jedoch überzeugt. Im Mai hob es seine vorläufige Sperre auf, da der Einsatz der verbotenen Substanz „nicht vorsätzlich“ erfolgte.
„Die Anwesenheit von Ostarine war nicht beabsichtigt.“Die WADA war unzufrieden und legte beim CAS Berufung ein. Sie forderte eine vierjährige Sperre. Für Ysaora Thibus begann ein Wettlauf gegen die Zeit, um trotz großer Ungewissheit rechtzeitig zu den Spielen in Paris zurückzukehren. Sie nahm das Training wieder auf, ohne zu wissen, ob sie überhaupt antreten durfte oder ob das Urteil der FIE Bestand haben würde.
Am Montag verkündete der CAS seine Entscheidung. Er bestätigte die Darstellung des Fechters: „Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die Einnahme einer ähnlichen Dosis Ostarine wie die des damaligen Partners von Frau Thibus wahrscheinlich ausreichende Mengen Ostarine im Speichel hinterlassen hat, um eine Person durch Küssen zu kontaminieren“, hieß es in der Erklärung. „Das Vorhandensein von Ostarine war nicht beabsichtigt“, schlussfolgerten die Richter.
Mit anderen Worten: Ysaora Thibus ist völlig unschuldig. Nicht aufgrund eines Verfahrensfehlers oder fehlender Beweise, sondern weil die Fakten belegen, dass sie nie versucht hat zu dopen. Diese Wahrheit kommt jedoch zu spät, um ihre Saison zu retten. Fast fünf Monate lang pausierte Ysaora Thibus, ohne Training mit ihrem Fechtmeister, und versuchte im Juni 2024 bei den Europameisterschaften in Basel, wieder an Wettkämpfen teilzunehmen. Doch ihr linkes Knie versagte ihr schon im ersten Kampf. Verletzt musste sie absagen. Bei den Olympischen Spielen in Paris kam sie im Einzelwettbewerb nicht über die erste Runde hinaus und schied mit der französischen Mannschaft im Viertelfinale aus.
Sportdienst (mit AFP)
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