Stressomic: Das Pflaster, das misst, wie gestresst wir sind (und warum)

Stress ist nicht gleich Stress. Es gibt Stress, der uns vor einer Deadline ein flaues Gefühl im Magen beschert, und Stress, der nach einem langen Lauf Herzrasen auslöst. Stressige Situationen können vielfältig sein, doch es ist nicht immer leicht, den Stress zu identifizieren, den sie auslösen, geschweige denn, ihn zu unterscheiden oder seine Ursachen zu verstehen. Nun hat eine Gruppe von Forschern am California Institute of Technology in Pasadena jedoch ein Hightech-Pflaster entwickelt, das Stress präzise messen und – was noch wichtiger ist – uns helfen kann, seine Ursprünge zu verstehen. Das neue tragbare Gerät mit dem Namen Stressomic wurde in der Fachzeitschrift Science Advances beschrieben .
Bisher entwickelte „Stressmessgeräte“ konzentrieren sich meist auf ein einzelnes Hormon: Cortisol, den König des chronischen Stresses, der sich langsam über Wochen aufbaut. Doch Stress hat viele Gesichter. Da ist die momentane Unruhe, die Art von Panik, die uns plötzlich überkommt, und die Angst, die uns nachts wach hält. Um all diese Nuancen zu verstehen, sind mehr Daten erforderlich. Und hier kommt das Stressomic-Pflaster ins Spiel. Es ist mehr als nur ein einfacher Sensor, es ist eine Art „Miniaturlabor“, das auf die Haut geklebt wird. Über flexible Mikrokanäle analysiert es Schweiß und kann drei Hormone in Echtzeit messen: Cortisol, Adrenalin und Norepinephrin. Cortisol dient als Biomarker für Langzeitstress. Adrenalin und Norepinephrin werden aktiviert, wenn wir unter akutem oder emotionalem Druck stehen.
Tests an FreiwilligenUm die Wirksamkeit des neuen Stressometers zu demonstrieren, testeten Wissenschaftler es anhand einer Reihe von Tests mit Freiwilligen, die verschiedenen Szenarien ausgesetzt waren. Stressomic konnte nicht nur das Vorhandensein von Stress feststellen, sondern lieferte auch nützliche Hinweise auf die zugrunde liegende Ursache. So erkannte es beispielsweise „Stress im Fitnessstudio“. Nach einem intensiven Training registrierte das Smart Patch einen Anstieg von Cortisol und Noradrenalin – ein Zeichen dafür, dass der Körper gefordert wurde und mit einem Energieschub reagierte. Bei verstörenden Bildern registrierte das neue Stressometer jedoch „Angststress“, einen Anstieg von Noradrenalin, dem Hormon für unmittelbare Unruhe, jedoch keine Veränderung des Cortisolspiegels. In diesem Fall ist dies ein klares Zeichen für eine geistige Unruhe, die jedoch nicht lange genug anhielt, um Cortisol auszuschütten. Umgekehrt sanken die Spiegel aller drei Hormone deutlich, als den Teilnehmern Entspannungspräparate verabreicht wurden.
In der Praxis hat sich das Pflaster als guter und überraschender Lackmustest zur Beurteilung der Wirksamkeit von Anti-Stress-Methoden erwiesen. Stressomic liefert uns nicht nur eine Zahl, sondern eine echte Karte unserer Reaktionen. Mit diesem Pflaster könnten wir endlich verstehen, ob unsere Angst auf den morgendlichen Verkehr oder unseren Kontostand zurückzuführen ist, und so die Grundursache angehen. „Stressomic hat das Potenzial, die Stressbewertung zu verändern, personalisierte Interventionen zu ermöglichen und unser Verständnis der Stressphysiologie zu verbessern“, schreiben die Autoren.
repubblica