Von überfüllten Regalen zum Einzelhandelsriesen: Wie Kruidvat seit 50 Jahren punktet

Rund 17.000 Mitarbeiter aus den Filialen, dem Vertriebszentrum und der Geschäftsstelle des Drogeriediscounters Kruidvat werden am Samstagabend im Walibi Holland zur „größten Mitarbeiterparty der Niederlande“ zusammenkommen.
Sie können Achterbahn fahren, unbegrenzt Essen und Getränke genießen und Musik von Künstlern wie Snollebollekes, DJ La Fuente und Wolter Kroes genießen. Die meisten Kruidvat-Geschäfte in den Niederlanden schließen am Samstag etwas früher, sodass die Mitarbeiter mit einem gemieteten Bus pünktlich zum Walibi gelangen können.
Von Kruidvat nach KruidvatSie feiern die Eröffnung des ersten Ladens in Hilversum am vergangenen Mittwoch, vor genau 50 Jahren. Er war nur 85 Quadratmeter groß – ungefähr so groß wie eine Wohnung.
Das erste Geschäft, damals noch 't Kruidvat genannt, wurde tatsächlich am 6. September 1975 eröffnet. Allerdings nur für fünf Minuten, da nicht alle Genehmigungen vorlagen. Seitdem ist Kruidvat auf 982 Filialen in den Niederlanden und weitere 311 in Belgien angewachsen.
Absichtlich chaotisch„Eigentlich sind es ziemlich überfüllte Läden“, sagt Dirk Mulder, Einzelhandelsexperte bei der ING Bank. Er sagt, das sei Absicht, um das Niedrigpreis-Image zu unterstreichen. Kruidvat biete zudem ein wirklich gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, fügt Mulder hinzu.
Sie hätten Pflegeprodukte (wie Shampoo) und Gesundheitsprodukte (wie Nahrungsergänzungsmittel) für eine sehr große Gruppe von Verbrauchern erschwinglich gehalten, so der Experte.
Kruidvat verlangte von Anfang an niedrige Preise, was die Hersteller von A-Marken störte. Sie weigerten sich manchmal, die Kette zu beliefern, was Kruidvat dazu zwang, schnell eine eigene Marke auf den Markt zu bringen. Mulder weist darauf hin, dass diese Marke von guter Qualität sei und eine höhere Gewinnspanne erziele.
Mehr kaufen als beabsichtigtKruidvat ist ein wahres Phänomen: Es gibt immer etwas zu entdecken und es gibt Sonderangebote, ergänzt Einzelhandelsexperte Paul Moers. „Neben dem regulären Sortiment an Drogerieartikeln können Kunden auch nach Schnäppchen stöbern, was oft dazu führt, dass sie mehr kaufen, als sie ursprünglich vorhatten“, sagt Mulder.
Kruidvat ist ein Geschäft mit einer Produktpalette, die es zu Beginn nicht gab: Drogerieartikel, rezeptfreie Medikamente (wie Paracetamol und Heuschnupfentabletten) und Non-Food-Artikel (wie Spielzeug, Sonnenbrillen und Dampfglätter), sagt Kitty Koelemeijer, Professorin für Marketing und Einzelhandel an der Nyenrode Business University.
Das Netz von fast tausend Filialen sei ein Vorteil, so Koelemeijer. Für viele andere Einzelhandelsketten sei die große Zahl an Filialen sogar ein Nachteil, da die Verbraucher mittlerweile auch online einkaufen.
„Bei Kruidvat geht es aber oft um Produkte, die man sofort braucht. Wer erkältet ist, bestellt sich doch nicht Paracetamol und Nasenspray online und wartet dann ein paar Tage auf die Lieferung. Fast jeder hat einen Kruidvat in der Nähe.“
Nicht der einzige DiscounterIn letzter Zeit sei es „cool“ geworden, in günstigeren Geschäften einzukaufen, sagt Koelemeijer. „Das kommt nicht nur einer Kette wie Action zugute, sondern auch Kruidvat.“ Sie sieht Ketten wie Action und den Discounter Die Grenze nicht als große Bedrohung für Kruidvat.
„Bei Kruidvat gibt es zum Beispiel mehr Zahnpastasorten, da kann man nichts falsch machen, anders als bei Action und Die Grenze manchmal.“ Gerade bei Die Grenze wird oft in großen Mengen eingekauft, das heißt, die Produkte sind zwar aktuell im Laden, aber vielleicht erst in zwei Wochen.
Mulder ist der Meinung, dass der Online-Shop von Kruidvat, in dem auch andere Einzelhändler ihre Produkte verkaufen können, eine starke Entwicklung der letzten Jahre darstellt. Er glaubt, dass sich der Online-Shop zu einer Plattform entwickelt, die beispielsweise bei Kinderprodukten zu einem wichtigen Akteur geworden ist.
Kein Erfolg außerhalb der Niederlande und BelgiensAußerhalb der Niederlande ist Kruidvat nur in Belgien aktiv. Vor einigen Jahren versuchte sich die Kette in Frankreich, doch die Testläden wurden inzwischen geschlossen. Eine Eröffnung in unseren östlichen Nachbarländern oder in Polen und Tschechien ist unwahrscheinlich.
Kruidvat gehört einem Hongkonger Unternehmen, das in diesen Ländern bereits eine Schwestermarke, Rossmann, betreibt. Darüber hinaus sei Deutschland ein völlig anderer Markt, in dem die Verbraucher weniger auf Sonderangebote achten als in den Niederlanden und Belgien, so Mulder.
Kruidvat selbst sieht in den Niederlanden Platz für weitere Filialen; in diesem Jahr hat das Unternehmen Gebäude erworben, in denen sich früher ein Blokker befand. „Wir erwarten derzeit das größte Wachstum im französischsprachigen Teil Belgiens“, sagt José Mes, Sprecher von Kruidvat.
„Und weil wir keine Immobilien besitzen, sondern mieten, sind wir flexibel und können relativ schnell an einen besseren Standort umziehen.“ Das könne zum Beispiel passieren, wenn eine bestimmte Einkaufsstraße weniger beliebt sei. Kosmetik werde für uns immer wichtiger, sagt Mes. So gebe es im Laden mittlerweile deutlich mehr Haarpflegeprodukte für unterschiedliche Haartypen.
Und wo Verbraucher früher nur eine Tages- und eine Nachtcreme kauften, verwenden sie heute durchschnittlich sieben Gesichtspflegeprodukte, sagt Mes. Kruidvat hat jetzt auch die exklusiven Rechte zum Verkauf bestimmter Marken wie Essence und Catrice in den Niederlanden und Belgien.
Im Gegensatz zu Kruidvat expandiert Action in andere Teile Europas. In den letzten sechs Monaten sind 125 Filialen hinzugekommen. Und das, obwohl wir zunehmend online einkaufen.
RTL Nieuws