Bitcoin – wer? Wall Street hat eine neue Krypto-Obsession

Seit über einem Jahrzehnt ist Bitcoin das unangefochtene Gesicht der digitalen Finanzwelt. Wer an „Krypto“ denkt, denkt an Bitcoin. Seine Höhen und Tiefen gelten als Vorboten für die gesamte Branche. In diesem Jahr stellte er sogar neue Rekorde auf und festigte damit seine Vorherrschaft.
Doch im vergangenen Monat war Bitcoin in der Kryptowelt kein Thema. Im Rampenlicht stand ein Unternehmen, von dem die meisten Menschen noch nie gehört haben.
Obwohl der Bitcoin-Kurs im Frühjahr ein Allzeithoch erreichte, wird seine Dominanz in Frage gestellt. Sein Marktwert, der immer noch bei kolossalen 2 Billionen Dollar liegt, wirkt plötzlich wie Schnee von gestern. Denn in der Finanzwelt haben die Wall Street und die sozialen Medien einen neuen Liebling: die Circle Internet Group.
Am 5. Juni ging Circle an die Börse. Der Börsenkurs lag bei 31 Dollar pro Aktie, was dem Unternehmen einen Wert von beachtlichen 6,3 Milliarden Dollar einbrachte. Was dann geschah, war geradezu explosiv. In nur elf Handelssitzungen stieg der Kurs der Circle-Aktie um 675 %, was die Marktkapitalisierung auf über 48 Milliarden Dollar erhöhte.
Zum Vergleich: Circle ist mittlerweile mehr wert als legendäre Industriegiganten wie Ford Motor Company und General Motors. Die drei großen Automobilhersteller in Detroit produzieren jährlich Millionen von Autos. Was also rechtfertigt Circles Produktion, um diese schwindelerregende Bewertung zu rechtfertigen?
Die Antwort ist überraschend einfach: eine spezielle Art von Kryptowährung, die Stablecoin genannt wird.
So funktioniert es: Sie geben Circle einen US-Dollar. Im Gegenzug erhalten Sie einen ihrer digitalen Token, genannt USDC. Dieser Token ist ein Stablecoin, d. h. sein Wert ist an einen stabilen Vermögenswert gekoppelt – in diesem Fall an den Dollar, den Sie Circle gerade gegeben haben. Er wird immer einen Dollar wert sein, da Stablecoins im Gegensatz zu Bitcoin oder Ethereum nicht auf Wertschwankungen ausgelegt sind. Circle nimmt dann Ihren tatsächlichen Dollar, investiert ihn in sichere, verzinsliche Anlagen wie kurzfristige US-Staatsanleihen und streicht die Rendite ein. Sie erhalten einen digitalen Dollar, Circle erhält den Gewinn. Das ist das gesamte Geschäftsmodell.
Was die Wall Street kauft, ist nicht nur ein cleverer Finanzkreislauf; es ist die Hoffnung, dass Stablecoins die Zukunft des Geldes sind. Der Traum ist, dass USDC für alltägliche Transaktionen so weit verbreitet wird wie Visa oder Mastercard und es den Menschen ermöglicht, Geld günstig und sofort zu bewegen, ohne die Volatilität anderer Kryptowährungen.
Diese Hoffnung wird durch den positiven Wind aus Washington beflügelt. Der Senat verabschiedete kürzlich den „Genius Act“, ein bahnbrechendes Gesetz, das Banken, Fintech-Unternehmen wie PayPal und großen Einzelhändlern wie Amazon die Einführung von Stablecoins für Zahlungen ermöglicht. Dies ist die erste umfassende und bemerkenswert freundliche Krypto-Regulierung, die vom Kongress verabschiedet wurde. Obwohl sie noch im Repräsentantenhaus verabschiedet werden muss, sind Krypto-Befürworter optimistisch.
Bisher wurden Stablecoins hauptsächlich in der Kryptowelt für den Handel oder im dezentralen Finanzwesen (DeFi) eingesetzt. Doch mit dieser neuen Gesetzgebung hat Circle, das nicht an ein einzelnes Finanzinstitut gebunden ist, beste Chancen, der große Gewinner zu werden. Manche nennen dies den „iPhone-Moment“ der Branche.
Das Circle-Fieber dürfte zumindest bis zur Veröffentlichung der ersten Quartalsergebnisse anhalten. Erst dann werden die Anleger entscheiden, ob die Flitterwochen anhalten.
Wenn Sie in der Zwischenzeit den Eindruck erwecken möchten, Sie wüssten, was an der Wall Street und in der Technologiewelt vor sich geht, können Sie einen neuen Namen fallen lassen.
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gizmodo