Kino: Familienaufstellung

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Ein berührendes Drama über Stolz, Selbstbestimmung und den langen Schatten der Eltern: „Zikaden“ mit Nina Hoss und Saskia Rosendahl.
Wieder nur die Mailbox. Die Maklerin Isabell (Nina Hoss) nimmt entnervt das Handy vom Ohr und schnauft durch. Sie steht in einem verwilderten Garten und schaut in Richtung Zaun, hinter dem sich Wald und Felder erstrecken, so weit das Auge reicht. Die Luft darüber flimmert in der Sommerhitze. Isabell zögert kurz und geht dann einfach drauflos. Ziellos streift sie durch die schier unendlichen Wiesen der brandenburgischen Pampa. Auf einer kleinen Brücke begegnet sie der einzigen Person weit und breit: Eine junge Frau lehnt entspannt am Metallgeländer und raucht. „Ganz schön wenig Wasser“, stellt Isabell beim Blick auf den unter ihnen liegenden Tümpel fest. „Hat wenig geregnet in letzter Zeit“, antwortet die junge Frau und hält Isabell ihre Zigarettenschachtel hin. „Ich rauch’ eigentlich nicht“, sagt Isabell, nimmt aber trotzdem eine Zigarette an. „Ich auch nicht.“ Sie heißt Anja (Saskia Rosendahl). Die beiden lächeln, denn für einen kurzen Moment ist klar: Beide haben heute eine Kippe nötig. Die Gründe dafür wollen sie einen kurzen Moment lang vergessen.
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