Ladies & Gentlemen: Dresscode: Yes!

Die Met Gala in New York war erstaunlich unlangweilig. Was wohl am Dresscode lag, der „Tailored for you“ lautete – bezugnehmend auf den Anlass der Party: eine Ausstellung über schwarzen Dandy-Style. Wie geht man als Frau damit um, wenn es im Metropolitan Museum zum ersten Mal nur um Männer geht? Na, idealerweise so wie immer bei Themenpartys: Es gilt, das Motto ernst zu nehmen. Es gibt keine größeren Spaßverderber als die, die glauben, auf Kostümsausen reiche ein Wie-immer-Look, versehen mit einem denkfaulen, aber an die Vorgabe erinnernden Accessoire. Bestes Beispiel auf der Met Gala war Kim Kardashian, die wie eine Handvoll anderer Gäste zwar einen Hut mit breiter Krempe trug, ansonsten aber auf die gewohnte Wirkung ihrer Kurven setzte (Buh!).

Gewinnerin des Abends also: Chappell Roan. Wer ist das? Na, der neue Pop-Christenschreck, den sehr junge Menschen jetzt hören! Das Markenzeichen der neuen Lady Gaga ist kreatives Make-up, das hier also nicht weiter besprochen werden muss. Ihr Outfit aber, ein ausladendes Cape über einem Patchwork-Hosenanzug, ist eine Zehn von zehn. Nicht nur, weil es Pink ist. Sondern vor allem, weil der Broadway-Kostümbildner Paul Tazewell diesen discoglitzernden Wahnsinn auf Ebay gefunden hat. Die stundenlange Onlinesuche, das hingebungsvolle Umarbeiten, der grenzenlose Spaß – das alles kulminiert hier auf glamouröseste Weise. Ein Gefühl, das jeder kennt, der sich schon mal mit dem gleichen Todesernst eine Axt auf den Kopf geklebt oder einen Duschkopf an sein Kleid montiert hat.
Für ihn: Der gute GlamourDer aktive Rennfahrer Lewis Hamilton hatte bei der diesjährigen Met Gala die Rolle des Co-Vorsitzenden, war also einer der wenigen Menschen, die dort wirklich mit einer Funktion unterwegs waren. Sein Outfit unterstrich, wie ernst er diese Rolle und die Veranstaltung nahm – kaum einer der männlichen Gäste hat das vorgegebene Motto vom „schwarzen Dandy“ so präzise interpretiert. Angeblich gingen drei Monate gemeinsame Vorbereitung mit Stylist Eric McNeal für den Look einher: ein ornamentaler Seidenfrack mit Stickereien, Baskenmütze von Stephen Jones Millinery und glitzernden Manolo Blahniks, von Hamilton in stolzer Pose und dem richtigen Selbstbewusstsein vorgetragen. Schüchtern darf man als Dandy nämlich nicht sein, aber eben auch nicht zu flippig, beides würde den geschneiderten Glamour schwächen.

Das Beste an diesem Anzug ist aber, dass er von Wales Bonner stammt. Die britische Designerin macht seit etwa zehn Jahren mit ihren sensiblen Transformationen von afro-globalen Themen Modefurore und ist gleichzeitig einer der hippsten und spannendsten Namen einer jungen Designergeneration. In Hamiltons Anzug brachte sie etliche Referenzen und Querverweise zur afrikanischen Kultur unter – die Rankenmotive des Affenbrotbaumes etwa, aber auch typische Heritage-Materialien wie Kaurimuscheln und Perlmuttknöpfe. Gegenüber der Vogue erklärte Bonner, dass der Sänger Cab Calloway eine der Inspirationen für den Look war, genau wie der exzentrische Modekritiker André Leon Talley. Lewis Hamilton steuerte das ganze Paket in Bestform über die Ziellinie – für eine Champagnerdusche à la Formel 1 ist der Anzug allerdings zu empfindlich.
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