HR stellt Bericht zu Antisemitismus-Vorwurf von Haya Schulmann in Zusammenfassung vor
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Der Hessische Rundfunk (HR) hat das Ergebnis des Untersuchungsberichts veröffentlicht, den die Kanzlei Feigen Graf im Auftrag des Senders zu dem Vorwurf der Frankfurter Professorin für Cybersicherheit, Haya Schulmann, sie sei von einer Moderatorin der Sendung „Hallo Hessen“ antisemitisch beleidigt worden, angefertigt hat. Damit komme man „den vielfachen Wünschen der Beteiligten und der Öffentlichkeit entgegen“. Vollständig ist der Bericht im Internet allerdings nicht einzusehen, es handelt sich um eine knapp gehaltene Zusammenfassung.
Der Vorfall, um den es geht, ereignete sich am 28. Januar in der Sendung „Hallo Hessen“: Haya Schulmann hatte im Vorgespräch des Interviews, für das sie per Teams in die Sendung zugeschaltet war, auf Nachfrage der Moderatorin, woher ihr Vorname „Haya“ stamme, „Israel“ gesagt. Daraufhin habe sie einen mit herausgestreckter Zunge vorgebrachten, abwertenden „Bäh“-Laut vernommen. Auf ihre Nachfragen sei die Redaktion nur mit dem Hinweis, dass es sich um ein „Missverständnis“ gehandelt habe, eingegangen. Ein klärendes Gespräch dazu habe es nicht gegeben. Kurz nach dem Ende der Sendung teilte sie in einem Post bei Linkedin die Begebenheit mit.
In der Zusammenfassung des Berichts von Feigen Graf heißt es nun, die Untersuchung habe die „geäußerten Anschuldigungen … nicht bestätigt“. Zwar sei deutlich geworden, dass Haya Schulmann „die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Nennung der Namensherkunft gezeigte Reaktion“ der Moderatorin „als beleidigend wahrgenommen“ habe. Der Untersuchung zufolge sei es aber unzutreffend, dass die Moderatorin sie „durch eine Äußerung in Verbindung mit einem abfällig zu wertenden Verhalten vorsätzlich beleidigte.“ Bei, wie es weiter heißt, „Zugrundelegung eines objektiven Empfängerhorizonts“ sei die Reaktion der Moderatorin „nicht als abwertend zu bewerten“. „Einzelne Elemente“ der zunächst erhobenen Vorwürfe habe Haya Schulmann zudem im Interview mit der Kanzlei „auch nicht wiederholt bzw. relativiert.“

Dem geäußerten Vorwurf antisemitischen Verhaltens trete der HR „entschieden entgegen“ heißt es in der Mitteilung des Senders weiter. Gleiches gelte „für Vorverurteilungen und Spekulationen im Zusammenhang mit diesem Vorwurf“. Auf Grundlage der Untersuchungsergebnisse stelle man noch einmal klar: „Die unabhängige, ergebnisoffene Untersuchung sieht kein Fehlverhalten der Moderatorin Selma Üsük. Eine Beleidigung ist nicht erfolgt.“
„Die Vorwürfe haben mich zutiefst erschüttert, sie belasten mich und meine Familie seit Wochen schwer“, wird Selma Üsük vom HR zitiert. „Ich bin mir keinerlei Fehlverhaltens bewusst. Das Ergebnis der unabhängig durchgeführten Untersuchung bestätigt eindeutig, dass es kein Fehlverhalten gibt. Ich verstehe bis heute nicht, wie diese Wahrnehmung entstanden ist. Und ich frage mich: Warum hat Frau Schulmann mich nicht direkt im Anschluss dazu angesprochen? Ihr hätte doch klar sein müssen, was sie damit auslöst. Um es klar zu sagen: Ich habe mich bis heute immer von jeder Form von menschenfeindlicher Haltung distanziert – ich bin weder rassistisch noch antisemitisch.“
Haya Schulmann hatte der Darstellung des HR und der Kanzlei Feigen Graf zu dem Vorfall in der „Hallo Hessen“-Sendung vom 28. Januar, die es bislang in kürzerer Form gab, allerdings widersprochen. Sie habe im Interview mit Feigen Graf nicht Vorwürfe zurückgenommen, sondern ihre Angaben präzisiert. Sie habe sich die Reaktion der Moderatorin nicht eingebildet, per Teams habe sie von ihrem Eindruck berichtet, daraufhin habe sie einen Anruf erhalten, in dem von einem „Missverständnis“ die Rede gewesen sei, eine Entschuldigung und abschließende Klärung habe es nicht gegeben.
So blieben die Umstände des Lauts und der Reaktion, die Haya Schulmann und ihr Ehemann wahrnahmen, uneindeutig. In der Zusammenfassung des Berichts von Feigen Graf wird bestätigt, dass es die Reaktion gab, als Haya Schulmann „Israel“ gesagt hatte. Diese sei jedoch nur von Haya Schulmann und ihrem Eheman als „abfällig“ verstanden worden. Die „übrigen Auskunftspersonen“ hätten den Laut als „registrierend“ oder „zur Kenntnis nehmend“ interpretiert. Es sei davon auszugehen, lautet das Resümee der Kanzlei Feigen Graf, dass die vorgeworfenen Beleidigungen nicht erfolgten, doch sei auch davon auszugehen, dass Haya Schulmann und ihr Ehemann die Reaktion nach dem Wort „Israel“ „missverständlich als beleidigend bzw. missbilligend auffassten“.
Man bedauere die bei Haya Schulmann „entstandene Wahrnehmung, antisemitisch beleidigt worden zu sein“, schreibt der HR. Faktum sei aber auch, dass man bislang mehr als 40 justitiable Hasskommentare zur Anzeige gebracht habe. Dem Sender gehe es „um den Schutz aller“, die bei der Untersuchung des Vorfalls „vertraulich ihr Wissen geteilt haben“. Nur so sei es möglich gewesen, „festzustellen, was sich tatsächlich zugetragen hat“. Vollständig werde der Untersuchungsbericht daher nicht veröffentlicht. Man habe sowohl Selma Üsük als auch Haya Schulmann „umfassend“ über die Ergebnisse der Untersuchung informiert.
Frankfurter Allgemeine Zeitung