Nachbesetzung: Porsche beruft zwei Blume-Vertraute in den Vorstand
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Nach turbulenten Wochen hat der Autohersteller Porsche seine Führungsmannschaft wieder vervollständigt: Neuer Finanzchef wird Jochen Breckner, den Posten des Vertriebsvorstands übernimmt Matthias Becker, wie das Unternehmen am Dienstagabend nach einer Sitzung des Aufsichtsrats mitteilte. Beide Manager sind langjährige Porsche-Manager und gelten als enge Vertraute von Vorstandschef Oliver Blume.
Der 47 Jahre alte Jochen Breckner leitet seit 2018 als Generalsekretär das Vorstandsbüro des Unternehmens und ersetzt den nun entlassenen Lutz Meschke. Der neue Finanzchef ist seit August 2008 bei Porsche, er hat unter anderem im Controlling gearbeitet und den Börsengang des Sportwagenherstellers vorbereitet. Matthias Becker folgt auf den entlassenen Vertriebsvorstand Detlev von Platen und hat in den vergangenen zehn Jahren die Marktregion Übersee und Wachstumsmärkte verantwortet.
Anfang Februar hatte der Aufsichtsrat überraschend mitgeteilt, mit Meschke und von Planten Gespräche über die Auflösung ihrer Verträge zu führen. Hintergrund ist die Krise, in der Porsche steckt und die vor allem mit dem jüngsten Einbruch des Absatzes in China zu tun hat. Die dortigen Probleme werden nicht zuletzt Vertriebsvorstand von Platen, 61 Jahre alt, angelastet, der zu spät und zu verhalten vor dem sich abzeichnenden Chinadebakel gewarnt haben soll.
Hinzu sollen zuletzt persönliche Themen im Zusammenhang mit Platens Ehefrau, Olivia von Platen, gekommen sein. So hatte die 28 Jahre alte Influencerin im sozialen Netzwerk Instagram zwischen Weihnachten und Neujahr von einer Weltreise geschwärmt, die sie machen wolle, wenn ihr Mann nicht mehr arbeite – eine Darstellung, über die Kollegen den Kopf geschüttelt haben sollen, auch weil über einen möglichen Abgang von Platens damals noch keinerlei Klarheit herrschte.
Finanzvorstand Meschke, 58, wiederum hatte in einer Brandrede im Oktober deutlich gemacht, dass Porsche auch wegen des Absatzes in China dauerhaft mit niedrigeren Produktionsmengen rechnen muss. Auch ihm gibt der Aufsichtsrat eine Mitverantwortung für die Krise. Noch schwerer wog aber wohl aus Sicht der Familien Porsche und Piëch, dass Meschke unablässig auf eine wichtigere Position im Geflecht der Porsche AG und der Beteiligungsgesellschaft der Familien, der Porsche SE, gedrängt haben soll.
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Es gilt als offenes Geheimnis, dass Meschke gerne Oliver Blume als Chef des Sportwagenherstellers Porsche abgelöst hätte. Blume genießt allerdings das Vertrauen der Familien um Aufsichtsratschef Wolfgang Porsche und gilt für den Porsche-Piëch-Clan derzeit als unverzichtbar, um sowohl VW als auch Porsche zurück in die Spur zu bringen. Als dann Gerüchte aufkamen, dass Meschke sich für den Chefposten der Familien-Holding Porsche SE ins Spiel gebracht hatte, zog der Aufsichtsrat die Reißleine.
Für das Jahr 2025 stellt sich Porsche auf stagnierende Geschäfte und eine weiter absinkende Profitabilität ein und rechnet nur noch mit einer operativen Umsatzrendite zwischen zehn bis zwölf Prozent. Nach vorläufigen Geschäftszahlen kommt das Unternehmen 2024 auf einen Umsatz zwischen 39 und 40 Milliarden Euro. Die Umsatzrendite liegt demnach bei 14 Prozent – und ist damit weit entfernt von der „Road to 20“, der angestrebten Zielmarke von 20 Prozent.
Vor diesem Hintergrund hat der Aufsichtsrat vor einigen Tagen „umfangreiche Maßnahmen zur Stärkung der kurz- und mittelfristigen Ertragskraft der Gesellschaft“ genehmigt. Dazu zählen die Erweiterung des Angebots um zusätzliche Fahrzeugmodelle mit Verbrennungsmotor und Plug-in-Hybrid, der Ausbau der Sonder- und Exklusivmanufaktur sowie Anpassungen in der Unternehmensorganisation: Der Sportwagenhersteller gibt seine einst ehrgeizigen Absatzziele auf, richtet seine Kostenstrukturen auf eine Jahresproduktion von nur noch 250.000 Autos aus und baut bis 2029 rund 15 Prozent der Arbeitsplätze im Hauptwerk in Stuttgart-Zuffenhausen und im Entwicklungszentrum in Weissach ab. Insgesamt sind das rund 3900 Stellen.
Die aktuelle Nachbesetzung ist höchst relevant, nicht nur für Porsche, sondern auch für den Mutterkonzern Volkswagen, denn Porsche-Chef Blume führt beide Unternehmen als Vorstandsvorsitzender in Personalunion – und ist in Stuttgart auf ein funktionierendes Management angewiesen, wenn er von Dienstag bis Donnerstag in Wolfsburg die Geschäfte von VW führt. Mit zwei Vertrauten im Vorstand von Porsche hält Blume sich nun den Rücken frei.
Auch wenn Blume an seiner Doppelrolle bei dem Sportwagenhersteller und dessen Mutterkonzern VW bislang festhält, wächst im VW-Konzern die Überzeugung, dass er über kurz oder lang eine der beiden Aufgaben wegen der hohen Arbeitsbelastung abgibt. Wie groß der Druck ist, werden auch die Bilanzen für das abgelaufene Jahr zeigen. Im Fall von Porsche wird das Zahlenwerk schon vom neuen Finanzchef Breckner präsentiert, der auf der Jahrespressekonferenz am 11. März seinen ersten Auftritt haben wird. Einen Tag danach, am 12. März, legt der VW-Konzern seine Zahlen vor.
Frankfurter Allgemeine Zeitung