Handball-Bundesliga: Füchse Berlin sind erstmals deutscher Meister

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Handball-Bundesliga: Füchse Berlin sind erstmals deutscher Meister

Handball-Bundesliga: Füchse Berlin sind erstmals deutscher Meister

Mathias Gidsel benötigte einen Moment, es glitzerte verdächtig in den Augen des dänischen Welthandballers. Egal, wer da kam, ob Vorstand Stefan Kretzschmar, Vereinspräsident Frank Steffel oder Mitspieler Fabian Wiede, Gidsel nutzte jede Gelegenheit, um seine Augen an den Schultern kurz vor den Kameras zu verstecken. Die Wucht des Moments – sein erster Titelgewinn in Deutschland mit den Füchsen Berlin – forderte ihm emotional alles ab.

Kurz darauf hatte sich Gidsel aber gefangen. Als hätte er noch nie einen Titel im Handball gewonnen, reckte der dänische Weltmeister, Europameister und Olympiasieger mit kindlicher Freude die Meisterschale in die Höhe. Um ihn herum tanzten seine Mitspieler der Füchse Berlin, die dem Verein nach zahlreichen Anläufen an diesem Pfingstsonntag tatsächlich die erste Meisterschaft der Vereinsgeschichte beschert hatten, durch ein umkämpftes 38:33 (17:20) am letzten Spieltag bei den Rhein-Neckar Löwen.

Ein hartes Stück Arbeit. „Es war wie 60 Minuten auf dem Zahnarztstuhl bei Voll-OP ohne Spritze“, sagte Geschäftsführer Bob Hanning angemessen geschafft. Nicht Magdeburg, Kiel oder Flensburg stellt aktuell die beste Handballmannschaft des Landes, sondern Berlin. „Das ist noch gar nicht greifbar, ganz surreal“, sagte Trainer Jaron Siewert.

Titelverteidiger Magdeburg darf kurz hoffen, muss sich aber mit Platz zwei begnügen

Rund 100 Kilometer südlich, in Bietigheim-Bissingen, gingen die Blicke der Magdeburger zu Boden. SCM-Trainer Bennet Wiegert beschäftigte sich sehr lange mit dem Einpacken seiner Taktiktafel, ehe sich seine Mannschaft in der Spielfeldmitte zu einem traurigen Kreis versammelte. Die Magdeburger hatten gehofft, gebangt, die eigene Pflichtaufgabe mit dem 35:25-Auswärtssieg bei der SG BBM Bietigheim erfüllt. Für eine Magdeburger Chance auf die Meisterschaft hätten die Berliner aber in Mannheim patzen müssen.

Einer der größten und beliebtesten deutschen Handballer hört auf: Noch ein Spiel, dann beendet Patrick Wiencek beim THW Kiel seine Bundesliga-Karriere. Nur für seine Gegenspieler ist das eine gute Nachricht.

Dort war es spannender als gedacht. Obwohl es für die Rhein-Neckar Löwen in der Tabelle um nichts mehr ging, lieferten sie dem Favoriten einen starken Kampf. In der ersten Halbzeit führten die Spieler um Juri Knorr sogar, erst mit vier, dann mit fünf Treffern. Und sorgten so für merkliches Bibbern auf Berliner Seite, ebenso für erhöhten Pulsschlag bei den Magdeburgern, die über den Spielstand im Parallelspiel informiert waren.

Doch in der zweiten Halbzeit zogen die Berliner mit ihrer ungeheuerlichen Offensivpower das Spiel auf ihre Seite. Der Drei-Tore-Rückstand war bereits nach wenigen Minuten egalisiert, Gidsel war der entscheidende Mann bei der Aufholjagd, zehn Tore gingen auf das Konto des Dänen. „Es war so eine schwere Reise“, sagte Gidsel nach dem Spiel am Dyn-Mikrofon: „Es war heute das schwerste Spiel in diesem Jahr. Die erste Meisterschaft in der Geschichte, das habe ich bei meinem Wechsel nie gedacht.“

Für viele Menschen ist dieser Titelgewinn sehr besonders: Für Geschäftsführer Hanning, der vor zwei Jahrzehnten mit der Vision angetreten war, Berlin zur neuen Handballhauptstadt zu machen. Für Siewert, der wenige Tage zuvor den Titel als „Trainer der Saison“ eingeheimst hatte. Für die vielen jungen Spieler, von Nils Lichtlein bis Hákun West av Teigum, die ihren ersten Karrierehöhepunkt erleben. Und natürlich für Gidsel, der mit der dänischen Nationalmannschaft alle großen Trophäen abgeräumt hat, der sich jetzt aber auch deutscher Meister nennen darf. „Wir feiern die ganze Nacht“, kündigte er an.

Anders die Stimmungslage bei Magdeburg. „Das tut weh“, sagte Lukas Mertens, „aber Glückwunsch nach Berlin. Wir haben trotzdem eine sehr gute Bundesligasaison gespielt.“ Für beide Klubs wartet am kommenden Wochenende noch das Final-Four-Turnier in der Champions League, dann streben die Berliner in Köln sogar nach dem Double.

Auch im Abstiegskampf fiel die Entscheidung am letzten Spieltag, hier ging es noch dramatischer zu als an der Tabellenspitze. Der VfL Potsdam stand bereits seit Wochen als erster direkter Absteiger fest, der zweite wurde noch gesucht. Die SG BBM Bietigheim ging zwar mit der vermeintlich besten Ausgangsposition von Tabellenplatz 15 aus ins Rennen, verlor aber in eigener Halle eben klar gegen Magdeburg. Und weil der TVB Stuttgart 29:28 gegen Leipzig gewann und der HC Erlangen auswärts 25:21 in Wetzlar siegte, überholten beide Klubs die Bietigheimer noch in den Schlussminuten.

So trauerten beide Mannschaften in der Halle: Magdeburg wegen des verpassten Meistertitels – und Bietigheim, weil es nach nur einem Jahr in der Bundesliga den Gang in die zweite Liga antreten muss.

Hier geht es zur Abschlusstabelle der Handball-Bundesliga.

süeddeutsche

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