Verstappen schwächt sich im Kampf um die WM selbst – Piastri siegt am Formel-1-GP in Spanien und baut seine Führung aus


Schon ein Blick auf die Ergebnisliste des Grossen Preises von Spanien zeigt: Dieses Rennen in Montmeló war alles andere als gewöhnlich. Zwar siegen beim neunten WM-Lauf wie erwartet die beiden McLaren, Oscar Piastri vor dem zweitplatzierten Teamkollegen Lando Norris. Doch der Titelverteidiger und Weltmeister der vergangenen vier Saisons, Max Verstappen, taucht erst auf Platz zehn auf. Eine Platzierung, die in der Weltmeisterschaft nach 13 von 24 Rennen bereits eine Vorentscheidung bedeuten könnte.
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Noch auffälliger wird Verstappens Rückstand mit Blick auf die Rangfolge sechs Runden vor Schluss. Kurz vor dem Neustart nach einer Neutralisierung lag der Niederländer nach einer brillanten strategischen und fahrerischen Leistung auf Rang drei. Er schien bereit, sich zwischen die beiden Führenden zu schieben. Doch dann wendete sich das Blatt.
Mit den unterlegenen harten Reifen geriet Verstappen beim Re-Start allerdings fast mit Norris aneinander. Kurz darauf lieferte er sich ein hartes Duell mit Charles Leclerc, der ihn bei Tempo 300 im Ferrari rüde abdrängte. Anschliessend kollidierte Verstappen mit George Russells Mercedes, kürzte auch noch eine Kurve ab und sollte den Briten Russell auf Anweisung seines Teams wieder vorbeilassen. Doch Verstappen, von Zorn über das Verdikt der Kommissäre getrieben, verweigerte dies – und es kam zur erneuten Berührung. Die sofort verhängte Zehn-Sekunden-Strafe warf ihn schliesslich auf Platz zehn zurück, Verstappen verlor deshalb noch fünf zusätzliche Plätze.
Das Sterben der Klassiker in der Formel 1Dass er in Barcelona nur einen Punkt gewann, könnte Verstappens Chancen auf die Titelverteidigung schwer beschädigen. Statt sich die Chancen auf die Weltmeisterschaft offenzuhalten, liegt er nun bereits 49 Zähler hinter dem Leader Piastri und 39 Punkte hinter dessen Teamkollegen Norris. Zudem trennt Verstappen nur noch ein Strafpunkt von einer Rennsperre. Der Red-Bull-Berater Helmut Marko bat um Verständnis und sagte: «All das, was in unserem Team nicht funktioniert hat, spiegelt sich in seiner Fahrweise wider.» Der Österreicher Marko sieht die technische Rückständigkeit des Red-Bull-Teams mit Sorge – und weiss, dass Verstappen diesen Zustand nicht lange hinnehmen wird.
Das dramatische Finale des Grand Prix von Spanien bot jedoch auch Lichtblicke: Nico Hülkenberg fuhr mit dem verbesserten Sauber von Startplatz 16 auf einen brillanten fünften Rang. Solche packenden Rennen sind auf dem technisch anspruchsvollen Circuit de Barcelona-Catalunya selten, der oft für langweilige und taktische Läufe bekannt ist. Dennoch lieben die Fans die Strecke – 300 000 Zuschauer kamen an diesem Wochenende.
Trotz diesem beachtlichen Publikumsaufmarsch wackelt der Platz des Circuits im Formel-1-Kalender. Nach 35 Grand Prix droht Montmeló bald das Aus. Für die kommende Saison ist noch ein Abschiedsrennen geplant, bevor ein Stadtkurs in Bangkok den Platz einnehmen könnte. Es ist das Sterben der Klassiker: Imola steht vor dem Aus, Zandvoort wird 2026 letztmals im Kalender sein, und Spa-Francorchamps soll nur noch alle zwei Jahre ausgetragen werden.
Der GP von Spanien soll künftig in Madrid stattfindenDie hohen Startgelder, die neue Austragungsorte zahlen, machen Rennen in Europa für private Veranstalter unrentabel. Das frustriert auch die Fahrer. Lewis Hamilton meinte, dass 90 Prozent der Rennen auf neuen, nicht permanenten Strecken rennfahrerisch schlechter seien. Und Verstappen sagte: «Für die Formel 1 wäre es ein Verlust, wenn diese Strecke verschwindet.»
Im kommenden Winter, wenn die Formel 1 mit einem neuen Reglement erstmals zusätzliche Elektromotoren einsetzt, wird Montmeló noch einmal eine wichtige Rolle spielen. Doch das Rennen, für das es noch einen Vertrag für eine einzige Austragung gibt, wird schon dann nicht mehr den Titel «Grosser Preis von Spanien» tragen. Dieses Prädikat soll nach Madrid wandern, wo ein Retorten-Kurs nahe dem Flughafen entsteht.
In Montmeló könnte stattdessen der «Grosse Preis von Katalonien» ausgetragen werden – ein Szenario, das die Einheimischen begrüssen dürften. In der MotoGP wird bereits ähnlich verfahren. Spanien wäre dann auch in der Formel 1 neben den USA das einzige Land mit zwei WM-Läufen in einer Saison.
Das passt zum Aufschwung, den Spanien nach dem Motorrad- auch im Automobilsport erlebt. Gemeint sind nicht nur die ersten beiden WM-Punkte von Formel-1-Veteran Fernando Alonso bei seinem Heimspiel. Vor einer Woche gewann Alex Palou als erster Spanier die 500 Meilen von Indianapolis. Und der frühere Rally-Weltmeister Carlos Sainz senior wird gedrängt, im Dezember für das Präsidentenamt des Automobilweltverbands (FIA) zu kandidieren.
nzz.ch