Von ten Hag bis Wagner - die neuen Trainer der Bundesliga

Ein Co-Bundestrainer, viel niederländische Taktik-Expertise und ein Typ Traumschiff-Kapitän - gleich sechs Klubs in der Fußball-Bundesliga starten mit neuen Trainern in die Saison.
Erik ten Hag - der Trainer ist der StarFlorian Wirtz, Jeremie Frimpong, Jonathan Tah, Keeper Lukas Hradecky und Kapitän Granit Xhaka - die Liste der Spieler, die Bayer Leverkusen im Sommer abhanden gekommen sind, ist lang. Dafür hat Leverkusen aber auch einen Star neu verpflichtet, und zwar den auf der Trainerbank: Erik ten Hag galt eine Zeit lang als heißester Name auf dem europäischen Markt, nachdem er ein begeisterndes Ajax-Team ins Halbfinale der Champions League geführt hatte. Dass er im Anschluss nicht bei Manchester United reüssierte, lag in erster Linie an Manchester United.
Bei Bayer Leverkusen könnte der niederländische Taktiker sehr gut aufgehoben sein. Das einzige Problem ist, dass er dem wohl größten Trainer-Star der vergangenen Jahre in der Bundesliga nachfolgt: Xabi Alosno, der den ewigen Zweiten aus Leverkusen tatsächlich zur Meisterschaft geführt hat.
Sandro Wagner - Augsburg statt LeipzigSandro Wagner hat als Trainer einen durchaus rasanten Aufstieg hinter sich. Vom Drittliga-Klub Unterhaching landete er ohne Umwege beim DFB, als Assistent von Bundestrainer Julian Nagelsmann. In der Geschichte der Co-Trainer beim Nationalteam gab es wohl selten jemanden, der diesen Job mit derart vielen Vorschusslorbeeren antrat. Wagner, schon zu aktiven Zeiten ein geschickter Selbstvermarkter, verbreitete auch beim Nationalteam schnell den Eindruck, dass der Assistentenjob für ihn eigentlich eine Nummer zu klein sei.
Nach dem Aus von Marco Rose war er dann auch schnell bei RB Leipzig im Gespräch, auch der Name Bayer Leverkusen rauschte durch die Kanäle. Da verwundert es fast, dass Wagner als Trainer-Debütant in der Bundesliga nicht bei einem Champions-League-Klub gelandet ist. Sondern "nur" beim FC Augsburg.
Lukas Kwasniok - noch mehr Emotionen für KölnDie Dauerbelastung ist weiter ein großes Thema im Fußball - bei Lukas Kwasniok ist sie zu einem großen Teil selbstverschuldet. Kwasniok kündigte im April seinen Abschied aus Paderborn an und nahm sich gleich selbst vom Markt. Er wolle erst einmal mehr Zeit mit der Familie verbringen und einen längeren Urlaub machen. Doch noch bevor im Juni die große Sommerkirmes namens Klub-WM startete, hatte Kwasniok wieder einen neuen Job: als Trainer des 1. FC Köln.
Bei seiner Vorstellung schmeichelte er sich direkt bei den Fans und der ganzen Stadt ein: "Ein emotionaler Trainer, ein emotionales Umfeld - das könnte vielleicht gut werden." Beim ersten Pflichtspiel mit Kwasniok als Trainer, dem 2:1-Sieg im DFB-Pokal bei Jahn Regensburg, lieferte der FC dann auch direkt ein echtes Last-Minute-Drama, à la Camp Nou 1999, Manchester United gegen den FC Bayern: mit zwei Toren in der sechsten und achten Minute der Nachspielzeit.
Ole Werner - klarer Auftrag in LeipzigDie Marketing-Abteilung von Red Bull fand einen interessanten Twist, um den neuen Trainer vorzustellen: Der Name Werner stehe bei RB Leipzig für Erfolg, stand auf der Red-Bull-Webseite zu lesen, wo an Torjäger Timo Werner erinnert wurde, der bei seinen 213 Auftritten im RB-Trikot 160 Scorerpunkte erzielte. Fun-Fact: Der frühere Nationalspieler ist tatsächlich immer noch in Leipzig unter Vertrag, soll aber laut "Bild"-Zeitung auf der Streichliste stehen.
Der Leipziger Club hat wenige Tage vor dem Saisonstart immer noch mehr als 30 Spieler im Kader. Daraus eine schlagkräftige Mannschaft zu formen, ist die erste Aufgabe von Ole Werner, dem neuen Coach. Die zweite, drängendere Aufgabe für Werner, der aus Bremen kam: Er soll Leipzig zurück in die Champions League führen, nach einem für die Red-Bull-Chefetage unzureichenden Platz sieben im Vorjahr. Sonst, so steht zu befürchten, dürfte der Name Werner in Leipzig nicht mehr so gut nachklingen.
Horst Steffen - mit 56 Jahren zum Bundesliga-NeulingAls man Horst Steffen das letzte Mal in der Bundesliga sah, hieß der amtierende deutsche Meister 1. FC Kaiserslautern. Ein gewisser Erich Ribbeck wurde von seinem Zweitwohnsitz Teneriffa per Telefon zum Bundestrainer bestellt. Und 1899 Hoffenheim feierte sein 100-jähriges Klubjubiläum, in der Verbandsliga Nordbaden.
Horst Steffen spielte damals beim MSV Duisburg - mehr als ein Vierteljahrhundert später gibt er nun tatsächlich sein Trainer-Debüt in der Bundesliga. Steffen hat den saarländischen Provinzklub SV Elversburg mit beeindruckender Aufbauarbeit fast bis in die Bundesliga geführt. Seine klare, offensive Spielidee soll er nun auch bei Werder Bremen installieren, wobei der Start mit dem Pokal-Aus bei Zweitligisten Bielefeld misslang. Im tendenziell überdrehten Bundesliga-Geschäft verkörpert der neue Bremer Coach auf jeden Fall einen neuen Trainertypen: Mit seiner ruhigen, freundlichen Ausstrahlung könnte Steffen auch gut die Rolle des Traumschiff-Kapitäns übernehmen - erst einmal soll er Werder weiter auf Kurs Richtung Europa führen.
Paul Simonis - Pokal-Spezialist mit klarem AuftragEin weiterer Neuling unter den Bundesliga-Trainern arbeitet beim VfL Wolfsburg: Paul Simonis kommt von den Go Ahead Eagles Deventer, die er überraschend zum niederländischen Pokalsieg führte. Das Team feierte bei der Siegesparade komplett in grünen Bademänteln - die Farbe stimmt also schon einmal beim neuen Wolfsburger Coach.
Der 40 Jahre alte Niederländer hat nicht unbedingt die dankbarste Aufgabe übernommen: Zuletzt schaffte es Wolfsburg viermal in Folge nicht in den internationalen Wettbewerb. Der Zuschauerzuspruch, immer ein Thema in Wolfsburg, schwand weiter. Für den VW-Konzern, der den Laden nach wie vor am Laufen hält, ist das kein haltbarer Zustand. Der Auftrag an den neuen Coach ist deshalb klar, er soll den wichtige Werbeträger der Autobauer wieder zurück auf die europäische Bühne führen.
Schon in der Vorbereitung bekam Simonis einen Eindruck von den speziellen Verhältnissen in Wolfsburg: Kapitän Maximilian Arnold soll im Team umstritten sein. Angreifer Jonas Wind möchte weg, und Mohamed Amoura, bester Stürmer im Kader, ist heftig von anderen Klubs umworben.
Die Antwort der "Wölfe": Ein souveräner 9:0-Erfolg zum Einstand im DFB-Pokal beim Oberligisten Hemelingen. Das Team folgte damit der Ankündigung ihres neuen Trainers: "Der Pokal ist der kürzeste Weg nach Europa." Bei den Klub-Verantwortlichen wird man dies gerne hören.
sportschau