Digitale Preisschilder im Einzelhandel: Kaufland und Rossmann gehen voran

Dass sich Preise schnell ändern können, haben Verbraucherinnen und Verbraucher in jüngerer Vergangenheit immer wieder schmerzhaft erfahren. Die hohe Inflation hat dafür gesorgt, dass beliebte Produkte teurer wurden – und das in immer kürzeren Abständen.
Auch für den Handel waren die ständigen Preissteigerungen ein Problem – und das nicht nur wegen des Frusts oder der Kaufzurückhaltung der Kundschaft. Denn egal, ob ein Artikel billiger oder teurer wird: Ändert sich der Preis, bedeutet das für den Händler zusätzlichen Aufwand. Zwar preisen die meisten ihre einzelnen Produkte nicht mehr händisch aus, allerdings müssen die Preisschilder trotzdem ins Regal gelangen.
Seit einiger Zeit erobert deshalb eine neue Form der Anzeige die Supermärkte: das digitale Preisschild. Optisch unterscheidet es sich kaum von seinem analogen Zwilling, weshalb die Änderung vielen Kunden gar nicht auffallen dürfte. Die so genannte E-Ink-Technologie, die auch in E-Readern genutzt wird, leuchtet nicht wie ein klassisches Display, sondern reflektiert das Licht wie normales Papier. Da der Stromverbrauch minimal ist, müssen die digitalen Etiketten auch nicht aufwendig verkabelt werden. Eine normale Knopfzelle reicht für den Betrieb aus.
Bei Kaufland sind die elektronischen Preisschilder bereits in den Obst- und Gemüseabteilungen im Einsatz. Nun weitet die Supermarktkette, die zur Schwarz-Gruppe gehört, die Schilder auch auf ihre Filialbäckereien aus. „Das reduziert in erster Linie den manuellen Aufwand der Kollegen in den über 770 Filialen“, heißt es in einer Mitteilung des Konzerns. Gerade in diesem Bereich komme es aufgrund von Sortimentswechseln sowie Rabatt- und Werbeaktionen oft zu Preisanpassungen. Kaufland plant die Umstellung bis Ende Juli in allen Ländern, in denen die Supermarktkette aktiv ist, wozu neben Deutschland unter anderem Polen und Tschechien zählen.
Auch die Drogeriemarktkette Rossmann setzt auf den Trend. Seit 2022 stattet das Unternehmen seine Filialen sukzessive mit elektronischen Regaletiketten aus, in fast 300 Märkten ist die Technik bereits verfügbar. Das Stecken der traditionellen Etiketten sei vor allem zu Werbewochen mit einem hohen Arbeitsaufkommen verbunden gewesen, erklärt ein Unternehmenssprecher. Durch die Umstellung würden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entlastet. „Unsere Belegschaft ist begeistert, weil diese lästige Aufgabe wegfällt“, so der Sprecher. Ihm zufolge sollen bis Ende des Jahres insgesamt 370 Verkaufsstellen umgerüstet sein.
Der Handel frohlockt, manche Kundinnen und Kunden aber beschleicht ein maues Gefühl. Was, wenn der Handel die neue Technik nutzt, um mehrmals am Tag die Preise anzupassen, wie es etwa an Tankstellen üblich ist? Wird Einkaufen dann zu stark frequentierten Zeiten teurer?
Nein, beschwichtigen die Ketten. „Die digitalen Preisschilder nutzen wir im Sinne unserer Kunden tagsüber nur für Preissenkungen”, verspricht eine Kaufland-Sprecherin auf Anfrage des RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Kunden könnten sicher sein, immer den aktuellen Preis und alle relevanten Informationen auf dem Etikett zu finden. Es sei doch ganz im Sinne der Kundschaft, wenn Preissenkungen möglichst schnell übermittelt würden, so die Sprecherin.
Im Prinzip sehen das auch Verbraucherschützer so, raten aber dennoch zu Wachsamkeit. „Digitale Preisschilder bieten im Lebensmitteleinzelhandel die Möglichkeit, die Angaben zu Preisen und Grundpreisen unkompliziert zu ändern“, sagt Lisa Völkel, Lebensmittelexpertin beim Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV), dem RND. Das könne die Häufung von fehlerhaften Preisangaben reduzieren und damit auch das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher fördern. Der Lebensmitteleinzelhandel müsse jedoch sicherstellen, dass alle Angaben auch bei einem digitalen Preisschild gut leserlich und korrekt sind, fordert Völkel. „Insbesondere bei Mogelpackungen kommt es immer wieder zu fehlerhaften Grundpreisangaben.“
Gerade für Senioren könnten digitale Regaletiketten schlechter lesbar sein, warnt Astrid Mönnikes, Projektleiterin des „DitigtalPakts Alter“, einer Initiative der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen und des Familienministeriums. Die Barrierefreiheit müsse in jedem Fall gewährleistet sein, mahnt Mönnikes. „Es darf nicht sein, dass man sie je nach Lichtverhältnis nicht sehen kann.“
Auch fürchtet sie, dass der sinkende Arbeitsaufwand Personalabbau zur Folge haben könnte. „Wenn die digitalen Preisschilder jetzt dazu führen, dass noch mehr Personal eingespart wird und man sich an niemanden mehr wenden kann, ist das für Ältere ein Problem“, sagt Mönnikes. Es müsse Vertrauen geschaffen werden, damit Ältere mit der voranschreitenden Digitalisierung nicht nur umgehen können, sondern das auch wollen, fordert sie. Und: „Die Technik muss funktionieren, damit es nicht zu Verwirrung kommt.“
Zumindest Letzteres sehen sie im Handel genauso.
rnd