Handelskonflikt: China und die USA ringen um Kompromiss im Zollstreit

Sprache auswählen

German

Down Icon

Land auswählen

Germany

Down Icon

Handelskonflikt: China und die USA ringen um Kompromiss im Zollstreit

Handelskonflikt: China und die USA ringen um Kompromiss im Zollstreit

Die beiden Parteien trafen sich am Montag auf neutralem Boden, im Lancaster House in London. Ein unbelasteter Ort, so wie es Paartherapeuten auch zerstrittenen Ehepartnern empfehlen. Nur geht es bei den Gesprächen zwischen den USA und China nicht um einen Familienzoff, sondern um die Zukunft des Welthandels. Delegationen der beiden Länder verhandeln in der britischen Hauptstadt in dieser Woche über einen Handelsdeal. Er soll den seit Monaten währenden Handelsstreit weiter deeskalieren.

Verhandelt wird über die Rücknahme der aktuell noch immer geltenden Strafzölle, über Chinas Exportstopp für Seltene Erden, über Technologiebeschränkungen und mögliche Verpflichtungen, die Handelsströme auszugleichen. Die USA wollen erreichen, dass China mehr amerikanische Produkte importiert und seinen Markt stärker öffnet. China fordert Erleichterungen bei Exportverboten für Technologie zur Produktion von Halbleitern und Flugzeugturbinen, weniger politische Eingriffe in Lieferketten und eine Lockerung der Visaregeln für Fachkräfte und Studierende aus China.

Die amerikanische Delegation wird angeführt von Finanzminister Scott Bessent, Handelsminister Howard Lutnick und dem Handelsbeauftragten Jamieson Greer. Für China sitzt erneut Vizepremier He Lifeng am Tisch, der für sein Land bereits die Gespräche in Genf geleitet hatte. Dort hatten sich die beiden Rivalen Mitte Mai auf einen vorläufigen Kompromiss geeinigt. Die US-Regierung senkte ihre Gegenzölle auf chinesische Importe von 145 Prozent auf 30 Prozent. Im Gegenzug setzte China seine Importgebühren von 125 Prozent auf zehn Prozent herab. Die Einigung sollte Zeit für einen größeren Deal geben. US-Präsident Donald Trump droht damit, dass die von ihm für 90 Tage ausgesetzten Gegenzölle am 9. Juli wieder in Kraft treten.

Der Druck ist hoch, eine dauerhafte Lösung zu finden. Chinas Exporte in die USA brachen im Mai im Vergleich zum Vorjahr um 35 Prozent ein. Das war der größte Rückgang seit Beginn der Pandemie. Nach den von Trump Anfang April verhängten heftigen Zöllen auf chinesische Waren stornierten viele US-Firmen ihre Bestellungen in der Volksrepublik oder stoppten ihre Überfahrt per Containerschiff. In den meisten Fällen überstiegen die Zollgebühren den Wert der Fracht deutlich. Einzelne Unternehmen meldeten daraufhin Insolvenz an. Handelskonzerne wie Walmart kündigten an, ihre Preise zu erhöhen. In den USA begriffen viele vielleicht zum ersten Mal, wie eng die amerikanische Wirtschaft mit China verzahnt ist. Ökonomen warnten vor leeren Regalen und einer Rezession, manche sahen schon das Weihnachtsgeschäft in Gefahr.

Eine Frau sortiert Hüte auf einem internationalen Handelsmarkt in der chinesischen Provinz Zhejiang. Viele US-Amerikaner merken gerade, wie sehr sie auch in alltäglichen Dingen von China abhängig sind.
Eine Frau sortiert Hüte auf einem internationalen Handelsmarkt in der chinesischen Provinz Zhejiang. Viele US-Amerikaner merken gerade, wie sehr sie auch in alltäglichen Dingen von China abhängig sind. (Foto: Ng Han Guan/AP/dpa)

Auch die chinesische Wirtschaft ist auf die Exporte in die USA angewiesen. Sie kämpft mit einer Immobilienkrise und schwachem Konsum im eigenen Land. Die chinesische Führung drängt deshalb auf planbare Bedingungen für den Außenhandel, besonders bei Rohstoffen und Hochtechnologie.

Trotzdem standen die Zeichen zuletzt wieder auf Eskalation. Kurz nach den Gesprächen in Genf begann das Misstrauen. China stoppte den Export Seltener Erden, auf die westliche Industrien dringend angewiesen sind. Die Vereinigten Staaten verschärften ihre Technologiebeschränkungen für die Luftfahrt und andere Industrien. Daneben verhängten sie scharfe neue Visaregeln für chinesische Studierende. Trump warf Peking Vertragsbruch vor, China konterte mit dem Vorwurf gezielter Sabotage. Die Waffenruhe geriet ins Wanken, London wurde zur Notlösung.

Besonders drängend ist für Washington die Frage der Seltenen Erden. China kontrolliert rund neunzig Prozent der weltweiten Produktion der Spezialmetalle, die für Elektromotoren, Rüstungstechnik und Hightech-Anwendungen unverzichtbar sind. Seit dem Exportstopp im April stehen viele US-Firmen unter Druck. In London wird nun darüber verhandelt, ob Peking bestimmte Ausnahmen zulässt und was die US-Regierung im Gegenzug bietet.

Einen Streitpunkt soll Trump nach US-Medienberichten vertagt haben. Eigentlich hätte die chinesische Regierung bis Mitte Juni einem Verkauf der Video-App Tiktok an einen internationalen Investor zustimmen müssen. Sonst droht Tiktok in den USA das Verbot. Der Deal ist politisch brisant und muss auf höchster Ebene abgestimmt werden. Doch Trump soll die Frist für den Verkauf nochmals verschoben haben, wie das Wall Street Journal berichtet.

Ein heikles Thema im Handelsstreit: die Plattform Tiktok.
Ein heikles Thema im Handelsstreit: die Plattform Tiktok. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Ein US-Bundesgericht hat die Ausgangslage vergangene Woche noch komplizierter gemacht. Es erklärte zentrale Teile von Trumps Zollpolitik für rechtswidrig. Zwar bleiben die Gegenzölle gegen China in abgeschwächter Form vorerst in Kraft, aber die US-Regierung muss bis Mitte Juni begründen, warum sie nicht gegen die amerikanische Verfassung verstoßen. China dürfte versuchen, daraus Kapital zu schlagen, etwa mit Forderungen nach weiteren Senkungen und einem Versprechen, keine neuen Zölle zu verhängen.

Trump hatte vergangene Woche erstmals seit Ausbruch des Handelskonflikts im Frühjahr mit Chinas Staatschef Xi Jinping telefoniert. Nach Angaben von Trump soll Xi dabei signalisiert haben, die Ausfuhren Seltener Erden an die Vereinigten Staaten wieder zuzulassen. Eine offizielle Bestätigung gab es dafür nicht.

Nach dem Telefonat wurden die Gespräche in London eilig anberaumt. Das Treffen kam offenbar so spontan zustande, dass der US-Handelsbeauftragte Jamieson Greer für diese Woche geplante Termine in New York absagen musste. Neben Greer sitzt mit US-Handelsminister Howard Lutnick auch ein Zollhardliner für die US-Regierung am Verhandlungstisch. Er wirft China vor, sein Land gezielt auszunutzen und will dieses vermeintliche Unrecht korrigieren. Bei den Gesprächen in Genf fehlte Lutnick noch.

Aber auch US-Finanzminister Scott Bessent, der ebenso in London dabei ist, verfolgt in dem Handelsstreit mit China nicht nur wirtschaftliche Ziele. Er sagte in der Vergangenheit immer wieder, dass die USA dabei auch sicherheitspolitische Interessen durchsetzen müssten. Das deutet darauf hin, dass die USA nicht zu allzu vielen Kompromissen bereit sein dürften.

Laut New York Times sind die Gespräche in London für zwei Tage angesetzt. Ein Ergebnis gab es bis Montagnachmittag nicht.

süeddeutsche

süeddeutsche

Ähnliche Nachrichten

Alle News
Animated ArrowAnimated ArrowAnimated Arrow