Oberleitung statt Diesellok: Mehr Tempo bei der Elektrifizierung von Bahnstrecken

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Oberleitung statt Diesellok: Mehr Tempo bei der Elektrifizierung von Bahnstrecken

Oberleitung statt Diesellok: Mehr Tempo bei der Elektrifizierung von Bahnstrecken

Nicht nur bei der Sanierung des maroden Schienennetzes, auch bei dessen Elektrifizierung muss Deutschland schneller werden. Nötig sei ein Beschleunigungsturbo, betonten Dirk Flege, Geschäftsführer des Bahn-Bündnisses Allianz pro Schiene und Oliver Wolff, Hauptgeschäftsführer beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), am Dienstag in Berlin. Ihre Forderung: „Bis zum Jahr 2035 sollte das bundeseigene Schienennetz zu 80 Prozent elektrifiziert sein.“

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Wichtige Voraussetzungen dazu sehen die Verbände bereits im Koalitionsvertrag angelegt: „Die Regierung hat den Turboknopf durch den Verzicht auf die Kosten-Nutzen-Berechnung bereits identifiziert, jetzt muss sie ihn nur noch drücken.“ Allerdings fehlten im Vertrag konkrete Ziele, wie viele Strecken bis wann elektrisiert sein sollen.

Derzeit kommt die Elektrifizierung des Schienennetzes nicht vom Fleck. Im Durchschnitt werden pro Jahr 75 Kilometer elektrisiert. 590 Kilometer jährlich müssten es sein, um bis 2035 die 80 Prozent zu erreichen. Aktuell sind gerade mal 62 Prozent der Strecken hierzulande mit Oberleitungen versehen - ein Wert, der seit Jahren stagniert. Im Durchschnitt in Europa liegt Deutschland damit gerade mal auf Platz zehn. An der Spitze, wenig überraschend, steht das Bahn-Vorzeigeland Schweiz, wo sämtliche Strecken mit E-Loks befahrbar sind. Auch in Österreich sind es mittlerweile 72 Prozent.

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Zwar ist das Schienennetz in Deutschland auch vergleichsweise groß, doch Bürokratie und aufwendige Planungsverfahren sorgen hier für zusätzlichen Aufwand. Der zögert Prozesse hinaus und macht sie auch teurer.

Derzeit heißt es also vor allem für Güterzüge: Ohne Dieselloks bewegt sich nichts. Für den Schienengüterverkehr sind Oberleitungen unerlässlich. „Hier helfen uns Batterie-Antriebe und Batterie-Inseln, an denen der Zug am Anfang und Ende der Strecke aufgeladen werden kann, keinen Schritt weiter“, betont Flege. Aber auch für Personenzüge seien Oberleitungen das Mittel der Wahl. „Mit Batterie oder Wasserstoff betriebene Züge sind nur Übergangstechnologien.“

Die hessische Taunus-Bahn liefert dafür ein Negativ-Beispiel: Dort waren Wasserstoffzüge des französischen Herstellers Alstom seit Anfang 2024 unterwegs, hatten aber ständig Probleme. Immer wieder kam es zu Ausfällen und Schienenersatzverkehr. Seit diesem Januar fahren auf der Strecke nun bis auf Weiteres wieder Dieselloks.

Dabei liegen die Vorteile von Oberleitungen auf der Hand: Nicht nur die Umwelt profitiert, wenn Strecken elektrifiziert werden, auch das Schienennetz wird leistungsfähiger. Resilienz ist das Stichwort, das Flege und Wolff nennen.

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Wichtig ist das Thema auch für den militärischen Bereich. Deutschland hat hier innerhalb Europas eine Drehscheiben-Funktion - und vor allem Schienenwege zwischen West und Ost sind wichtig, um im Bedarfsfall schweres Gerät, Material oder Einsatzkräfte zu befördern. „Schaut man aber auf die Karte der Grenzübergänge zwischen Deutschland und seinen Nachbarn, vor allem denjenigen im Osten, dann sieht man rot”, sagt Flege und verweist auf die rot gekennzeichneten Orte, an denen die Nachbarstaaten mit Oberleitungen fahren, Deutschland jedoch mit Dieselloks. „Deutschland hat hier seine Hausaufgaben nicht gemacht.“ Hinüber nach Polen sind nur zwei von zehn Grenzübergängen von deutscher Seite aus elektrifiziert, hinüber nach Tschechien ist es sogar nur einer von 14.

Damit hier schnell etwas passiert, soll die Elektrifizierung laut Koalitionsvertrag aus dem Klimatransformationsfonds finanziert werden. Zugleich, so betonen die Verbände, müsse längerfristige Planung her. Auch der angekündigte Infraplan für die Fünf-Jahres-Planung reiche hier nicht aus. „Österreich und die Schweiz wissen seit Jahrzehnten, wo sie hin wollen. Deutschland weiß das seit Jahrzehnten nicht.“

Die grüne Bahnexpertin im Haushaltsausschuss, Paula Piechotta, betont: „Entscheidend ist, die bereits eingeleitete Sanierung und Modernisierung des Schienennetzes mit hohem Tempo weiterzuführen, statt dem Drängen gerade aus der CSU nachzugeben, Gelder von der Schiene in die Straße umzuleiten.“ Als „Minimalziel” sieht Luigi Pantisano, Verkehrsexperte in der Linken-Fraktion, die Forderung nach 80 Prozent Ausbau bis 2035. „Alles andere wäre aus klimapolitischer und infrastruktureller Hinsicht ein Desaster.“

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