Autonomes Fahren: Warum der große Durchbruch trotz enormer Investitionen ausbleibt

Seit mehr als einem Jahrzehnt versprechen Tesla und Co. eine Revolution der Mobilität durch selbstfahrende Autos – und investierten Milliarden. Was läuft schief?
Das autonome Fahren soll die Mobilität auf der letzten Meile in der Stadt revolutionieren. Seit mehr als zehn Jahren wird darüber gesprochen und Unternehmen haben Milliarden investiert. Trotz aller positiven Meldungen stellt sich die Frage, ob da nicht aus PR-Gründen weiterhin zu viel versprochen wird. Waymo, eine Tochter von Alphabet, gilt als Vorreiter und plant laut jüngsten Berichten den Einsatz von 2.000 neuen Robotaxis bis 2026. Auch Mercedes und BMW arbeiten intensiv daran, autonome Fahrfunktionen für Premiumfahrzeuge weiterzuentwickeln. In den USA verfolgt Tesla eine aggressive Strategie und verspricht mit seinem „Full Self Driving“-System stets viel – doch bislang blieben die Ergebnisse hinter den Erwartungen zurück.
Die Realität ist komplexer, als viele Investoren es gerne hätten. Die spektakulären Schwierigkeiten bei Cruise, der ehemaligen Hoffnung im Bereich autonomer Taxis von General Motors, verdeutlichen, wie weit Anspruch und Wirklichkeit auseinanderklaffen. Nach mehreren schwerwiegenden Vorfällen und regulatorischen Problemen musste Cruise seine Ambitionen einstellen. Solche Vorfälle setzen die gesamte Branche unter Druck und sorgen dafür, dass Investoren zunehmend ungeduldig werden.
In China gestaltet sich die Lage besonders spannend und zugleich herausfordernd. Unternehmen wie BYD und Xiaomi investieren massiv in autonome Technologien und profitieren bisher von weniger restriktiven Rahmenbedingungen. Doch kürzlich hat China die Vorschriften deutlich verschärft, nachdem es etliche Unfälle gegeben hatte. Die regulatorische Hürde für autonome Fahrzeuge wurde erhöht, was insbesondere Startups und technologiegetriebene Firmen wie Xiaomi vor neue Schwierigkeiten stellt. China versucht, das Wachstum autonomer Fahrzeuge in sicherere Bahnen zu lenken, was einerseits Vertrauen schaffen, andererseits aber die Innovation bremsen könnte.
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Ein weiteres Spannungsfeld ist der hohe Finanzbedarf. Die Kosten für die Entwicklung autonomer Systeme sind enorm gestiegen, und bislang fehlen rentable Geschäftsmodelle. Taxifahrten von Waymo sind bisher ein reines Zuschussgeschäft, und Investoren werden langsam ungeduldig. Die Milliardeninvestitionen in Forschung, Technologieentwicklung und Infrastruktur sollen bald Ergebnisse liefern. Doch die Realität zeigt, dass es bis zu einem massenhaften und sicheren Einsatz autonomer Fahrzeuge noch ein weiter Weg ist.
Die Technik kämpft weiterhin mit fundamentalen Herausforderungen. Die KI-Systeme müssen in der Lage sein, komplexe und unvorhersehbare Verkehrssituationen jederzeit sicher zu bewältigen – und das mit nahezu null Fehlerquote. Unfälle wie jene von Cruise oder teilweise unberechenbare Aktionen von Teslas Systemen zeigen, dass autonome Systeme bisher nicht die erforderliche Zuverlässigkeit bieten. Solche Probleme erhöhen den Druck auf Unternehmen, ihre Versprechungen realistischer zu formulieren.
Die wachsenden Fähigkeiten der künstlichen Intelligenzsysteme helfen da auch nicht viel weiter. Zwar lassen sich die Daten mithilfe von AI leichter und schneller analysieren, aber eine KI ist bisher nicht in der Lage, ein Fahrzeug sicher zu bewegen. Ebenfalls ungeklärt ist der Einsatz von autonomen Fahrzeugen in schlechten Witterungsbedingungen. Die Sensoren lassen sich bei Schneefall zwar beheizen, aber selbst das reicht bei Autobahnfahrten oft nicht, wenn kalter Wind und Schneematsch die Sensoren vereist.
Derzeit zeigt sich klar, dass autonomes Fahren nicht nur technologische, sondern auch regulatorische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Herausforderungen bewältigen muss. Der immense finanzielle Druck durch hohe Investitionen steht einer Technologie gegenüber, die zwar beeindruckende Fortschritte macht, jedoch immer noch erhebliche Risiken birgt. Ob es Waymo, Tesla, Mercedes, BMW oder ein chinesisches Unternehmen wie BYD oder Xiaomi sein wird, das letztlich den Durchbruch schafft, ist derzeit noch offen. Klar ist jedoch: Der Weg zum wirklich autonomen Fahren bleibt steinig – und teurer als viele Investoren gehofft hatten.
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Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.
businessinsider