Erdbeben in der Türkei: Ursachen, Risiken und Schutzmaßnahmen

Immer wieder kommt es im Mittelmeerraum zu Erdbeben. Jüngst etwa südöstlich der griechischen Urlaubsinsel Kreta: Dort haben Behörden ein Beben der Stärke 5,3 gemessen. Auch zwischen der Türkei und der Insel Rhodos war es vor wenigen Tagen zu Erschütterungen gekommen. Das Erdbeben hatte eine Stärke von 5,8. Ein Teenager kam ums Leben, 70 Menschen in der Türkei wurden verletzt, weil sie aus Panik aus Fenstern und von Balkonen sprangen.
Erdbeben im Mittelmeerraum sind meist auf plattentektonische Prozesse zurückzuführen. Gleich mehrere Erdplatten treffen dort aufeinander: Die Afrikanische Platte schiebt von Süden gegen die Eurasische und die dazwischen liegenden Mikroplatten wie die Ägäische und Adriatische Platte, während von Osten her die Anatolische Platte herandrängt.
Durch dieses Gedränge kommt es regelmäßig zu Erdbeben. „Da findet kontinuierlich Bewegung statt“, sagt Christoph Helo vom Institut für Geowissenschaften der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. „Die Platten stoßen aufeinander. Von daher ist das immer ein tektonisch und auch seismisch aktives Gebiet.“ Regelmäßige Erdbeben in der Region seien vollkommen normal.
Erdbeben können aber auch durch vulkanische Aktivitäten ausgelöst werden. „Wenn Magma aufsteigt, erzeugt es Druck und Spannung in der Kruste, was zu Schwärmen von kleinen Erdbeben führt, die als vulkanische Erschütterungen bekannt sind“, erklärt das Helmholtz-Zentrum für Geoforschung. Zudem könne die Bewegung von Magma im Untergrund bestehende Verwerfungen, also Bruchstellen im Gestein, unter Druck setzen und so tektonische Erdbeben auslösen. Bei größeren Vulkanausbrüchen seien ebenfalls starke seismische Signale messbar.
Im Mittelmeerraum gibt es mehrere aktive Vulkane. Den Ätna auf Sizilien zum Beispiel, der jüngst wieder ausgebrochen ist. In Italien gibt es mit den Phlegräischen Feldern zudem einen Supervulkan, dessen Eruptionen weltweite Auswirkungen haben könnten, wie Fachleute vermuten. Vor der griechischen Insel Santorini liegt außerdem der Unterwasservulkan Kolumbus.
Die Global Earthquake Model Foundation hat eine Risikokarte erstellt, die die geografische Verteilung der durchschnittlichen jährlichen Schäden durch Erdbeben zeigt. Demnach sind im Mittelmeerraum vor allem Italien, Griechenland, die Türkei, Zypern, Syrien, Israel, der Libanon und Algerien betroffen. Das Erdbebenrisiko ist somit im östlichen Mittelmeer größer als im westlichen – was der kleinteiligen und komplexen Plattentektonik in dieser Region geschuldet ist.

In Griechenland, in Italien, in der Türkei: Beliebte Reiseziele waren in den vergangenen Tagen und Wochen von Erdbeben betroffen. Worauf Urlauber achten müssen – und wann sie stornieren können.
„Das höchste Erdbebenrisiko und damit die schwerwiegendsten Folgen von Erdbeben werden in städtischen Gebieten erwartet, die sich in Regionen mit vergleichsweise hoher Erdbebengefahr befinden“, erklären die European Facilities for Earthquake Hazard and Risk (EFEHR). Sie nennen die türkische Stadt Istanbul als Beispiel: Dort sei ein beträchtlicher Teil der Gebäude ohne ausreichenden Erdbebenschutz geplant und gebaut worden. Entsprechend hoch ist das Risiko, dass sie im Fall eines Bebens einstürzen.
Erdbeben im Mittelmeerraum können durchaus Stärken von 7,5 bis 8 erreichen. Das macht sie zu großen Erdbeben, die Zerstörungen über weite Gebiete verursachen können.
Das stärkste bekannte Erdbeben im Mittelmeerraum war das Erdbeben von Kreta im Jahr 365 n. Chr. In einer Untersuchung aus dem Jahr 2021 kam ein internationales Forscherteam zu dem Schluss, dass das Beben eine Stärke von unter 8 gehabt haben muss. Frühere Schätzungen waren von 8,3 bis 8,5 ausgegangen. Das Erdbeben hatte einen Tsunami ausgelöst, der viele Todesopfer gefordert hat.
Die Tsunamigefahr im Mittelmeerraum besteht weiterhin. Allerdings ist sie statistisch gesehen geringer als in anderen Teilen der Welt.

Es war eine der verheerendsten Naturkatastrophen der vergangenen Jahre: Ein schweres Erdbeben löste 2004 im Indischen Ozean einen Tsunami aus. Auch heute noch sind die gigantischen Flutwellen eine Gefahr – sogar in Europa. Was Sie über Tsunamis wissen sollten.
Eine griechische Studie aus dem Jahr 2023 hatte die Wiederkehrperiode zerstörerischer Tsunamis für das gesamte Mittelmeer mit 22 Jahren beziffert. Unterteilt in Ost und West ergab sich für das östliche Mittelmeer eine Wiederkehrperiode von 31 Jahren, für das westliche 118 Jahre. Laut UNESCO besteht wiederum eine hundertprozentige Wahrscheinlichkeit, dass es im Mittelmeerraum in den kommenden 30 bis 50 Jahren einen Tsunami mit einer Höhe von mindestens einem Meter geben wird.
Die dicht besiedelten Küstenorte des Mittelmeeres sind dabei besonders gefährdet. Hinzu kommt der Einfluss des Klimawandels, der zum Beispiel dafür sorgt, dass der Meeresspiegel steigt. Das macht Küstenregionen ohnehin anfälliger für Überschwemmungen und kann Schäden durch Tsunamis erhöhen.
Wer sich während eines Erdbebens in einem Gebäude befindet, sollte nicht versuchen, es zu verlassen. Denn fallende Gegenstände oder Glassplitter könnten für Verletzungen sorgen. Auch Aufzüge gilt es zu meiden. Stattdessen sollte man sich einen geeigneten Zufluchtsort suchen – am besten unter einem stabilen Tisch oder Bett. Dort so lange bleiben, bis das Beben vorbei ist.
Ist man während des Bebens im Freien, ist der sicherste Ort ein freier offener Platz – entfernt von Gebäuden, Bäumen oder Straßenlampen. Gleiches gilt für Autofahrerinnen und Autofahrer in ihrem Wagen. Am besten bleiben sie in ihrem Auto, solange die Erschütterungen anhalten.
Wer gerade am Strand ist, sollte lieber Schutz auf einem höher gelegenen Ort suchen. Denn infolge von Erdbeben können große Meereswellen oder ein Tsunami entstehen. Weitere Tipps finden Sie hier.
rnd