EU startet neue Binnenmarktstrategie: Wirtschaftlicher Schutzschild gegen China und die USA und Konzentration auf Schlüsseldienstleistungen

Die Europäische Kommission hat heute eine ehrgeizige und erneuerte Strategie für den Binnenmarkt der Europäischen Union vorgestellt. Der Plan zielt nicht nur darauf ab, bestehende interne Barrieren zu beseitigen, die die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen der EU beeinträchtigen, sondern auch darauf, die Position des Blocks angesichts des wachsenden wirtschaftlichen Einflusses von Giganten wie China und den Vereinigten Staaten zu stärken. Ziel dieser Initiative ist die Modernisierung der europäischen Wirtschaft, wobei der Schwerpunkt insbesondere auf wichtigen Dienstleistungssektoren und der Digitalisierung als Betriebsstandard liegt.
Der in Brüssel vorgestellte neue Fahrplan ist eine Reaktion auf die dringende Notwendigkeit, den Wirtschaftsmotor der EU, zu dem 26 Millionen Unternehmen und 450 Millionen Verbraucher gehören, an eine sich rasch verändernde globale Landschaft anzupassen. Nach Angaben der Kommission hat der Binnenmarkt seit seiner Schaffung bereits zu einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der EU um 3 bis 4 Prozent beigetragen und rund 3,6 Millionen Arbeitsplätze geschaffen. Mit dieser neuen Strategie wollen wir diese Erfolge verdoppeln.
Einer der Grundpfeiler dieser Strategie ist die Stärkung des Dienstleistungssektors, der den größten Teil der Wirtschaft des Blocks ausmacht, dessen grenzüberschreitender Handel jedoch „stagniert“. Konkret geht es dabei um die „Stärkung“ der Bau-, Post- und Telekommunikationsmärkte, also der Sektoren, die für ihre erhebliche wirtschaftliche Bedeutung und die starke Präsenz internationaler Wettbewerber bekannt sind. Zu diesem Zweck wird Brüssel ein Baudienstleistungsgesetz und ein Postdienstleistungsgesetz einführen und darüber hinaus die Liberalisierung professioneller Dienstleistungen vorantreiben, die derzeit „unnötiger Regulierung“ unterliegen.
Der Exekutiv-Vizepräsident der Europäischen Kommission für Industrie, Stéphane Séjourné, brachte die Philosophie hinter diesem Schritt in einer eindringlichen Aussage auf den Punkt: „Es ist an der Zeit, dass die Unternehmen ihre Märkte europäisieren, bevor sie internationalisieren.“ Diese Aussage unterstreicht eine Vision, die über den einfachen externen Wettbewerb hinausgeht. Es legt eine gründliche Selbstbeobachtung nahe und die Bemühung, die innere Stärke des Blocks als Grundlage für seine globale Projektion zu konsolidieren. Die EU scheint zu erkennen, dass ihre Fähigkeit, wirksam mit China und den Vereinigten Staaten zu konkurrieren, untrennbar von einem größeren Zusammenhalt und einer größeren Effizienz innerhalb ihrer eigenen Grenzen abhängt.
Um einen „einfacheren, nahtloseren und stärkeren“ Markt zu schaffen, hat die Kommission zehn Haupthindernisse ermittelt, die sie beseitigen will:
* Komplizierte Unternehmensgründung und -führung.
* Komplexe EU-Vorschriften.
* Fehlende Übernahme der Vorschriften durch die Mitgliedstaaten.
* Eingeschränkte Anerkennung beruflicher Qualifikationen zwischen Ländern.
* Fehlen gemeinsamer Standards in verschiedenen Bereichen.
* Fragmentierte Vorschriften für Verpackungen.
* Nichteinhaltung der Vorschriften durch das Produkt.
* Restriktive und divergierende Regulierung nationaler Dienste.
* Belastende Vorschriften für die Freizügigkeit von Arbeitnehmern in Sektoren mit geringem Risiko.
* Ungerechtfertigte territoriale Lieferbeschränkungen, die zu hohen Preisen für die Verbraucher führen.
Die Überwindung dieser Hindernisse werde den freien Verkehr sicherer Produkte deutlich verbessern, die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen erleichtern und die Gründung und den Betrieb von Unternehmen in der gesamten Union dramatisch vereinfachen, so die EU-Exekutive.
Die Strategie beschränkt sich nicht auf eine Abwehrreaktion gegenüber externen Mächten, sondern stellt einen proaktiven Versuch der EU dar, ihren inneren Zusammenhalt und ihre Wirtschaftskraft neu zu definieren. Die Konzentration auf traditionell fragmentierte Dienstleistungssektoren wie das Baugewerbe und die Postdienste sowie den strategischen Telekommunikationssektor entwickelt sich zu einem komplexen, aber entscheidenden Schlachtfeld um die wahre wirtschaftliche Souveränität der EU. Die „Liberalisierung“ der freiberuflichen Dienstleistungen könnte jedoch auf erheblichen nationalen Widerstand stoßen und den politischen Willen der Mitgliedstaaten über die Brüsseler Vorgaben hinaus auf die Probe stellen. Allein die Identifizierung des „Mangels an Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten“ als Hindernis unterstreicht diese inhärente Herausforderung.
Darüber hinaus sind die Digitalisierung als „Normalität“ und die angekündigte Reduzierung des Verwaltungsaufwands für Unternehmen – im Wert von rund 400 Millionen Euro dank eines vierten Deregulierungspakets – wichtige Faktoren, die diese Modernisierung ermöglichen. Maßnahmen wie die Möglichkeit, Dokumente zur Einhaltung der EU-Produktgesetze digital einzureichen und Produktanleitungen in digitalem Format statt in Papierform bereitzustellen, sollen die Prozesse rationalisieren. Allerdings wird die wirksame Umsetzung dieser Maßnahmen in allen 27 Mitgliedstaaten darüber entscheiden, ob die EU in puncto Agilität wirklich mit stärker zentralisierten Volkswirtschaften oder dynamischeren Innovationsökosystemen konkurrieren kann. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um eine strukturelle Modernisierung, die über den einfachen Handel hinausgeht.
Diese neue Binnenmarktstrategie ist eine direkte Reaktion auf eine Forderung des Europäischen Rates vom April 2024 und steht im Einklang mit den Schlussfolgerungen einflussreicher Berichte wie denen von Enrico Letta und Mario Draghi sowie dem Jahresbericht 2025 der Kommission über den Binnenmarkt und die Wettbewerbsfähigkeit. In all diesen Dokumenten wurde die entscheidende Bedeutung eines wirklich integrierten Binnenmarkts für die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit Europas im 21. Jahrhundert hervorgehoben.
Der Erfolg dieser ehrgeizigen Strategie wird letztlich von der Zusammenarbeit und dem echten Engagement jedes einzelnen Mitgliedstaats abhängen, die notwendigen Reformen anzunehmen und umzusetzen und die Brüsseler Leitlinien in eine greifbare Realität umzusetzen, die Unternehmen und Bürgern gleichermaßen zugutekommt.
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La Verdad Yucatán