Vogelgrippe: Wiederkehrende Epidemien erhöhen das Risiko für Menschen

Massenhaftes Abschlachten von Geflügel, explodierende Eierpreise … und mehrere Todesfälle unter Menschen, die mit infizierten Vögeln in Kontakt gekommen sind. Die Zahl der Vogelgrippe-Ausbrüche bei Säugetieren hat sich im vergangenen Jahr weltweit mehr als verdoppelt, wodurch das Risiko einer Ausbreitung des Virus auf den Menschen zunimmt, warnte die Weltorganisation für Tiergesundheit (WHO) am Freitag, den 23. Mai.
Zwar sei das Gesamtrisiko einer Übertragung auf den Menschen weiterhin gering, doch erhöhe das Wiederauftreten von Vogelgrippe-Epidemien bei Säugetieren wie Rindern, Hunden und Katzen die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Virus anpasst und zwischen Menschen übertragbar ist, heißt es in einem neuen Bericht der WHO.
Doch die Zahl der Ausbrüche bei Säugetieren stieg im vergangenen Jahr auf 1.022 in 55 Ländern, verglichen mit 459 im Jahr 2023, so die in Paris ansässige Agentur, die Tierseuchen weltweit überwacht. „Das ist besorgniserregend, weil wir eine Veränderung im epidemiologischen Muster des Virus beobachten“, sagte Emmanuelle Soubeyran, Generaldirektorin der WHOA, gegenüber AFP.
Gesundheitsexperten warnen vor der pandemischen Bedrohung durch die Vogelgrippe, die bereits ihre Fähigkeit zur Mutation unter Beweis gestellt hat, insbesondere durch die Verbreitung auf Milchviehbetrieben in den Vereinigten Staaten.
Der Bericht erscheint zu einem Zeitpunkt, da die Trump-Regierung die Budgets für US-Gesundheits- und Wissenschaftsbehörden kürzt. Zu diesen Kürzungen gehört auch die Entscheidung, Anfang des Jahres ein Epidemiologieprogramm namens „Disease Detectives“ zu beenden.
Die Vogelgrippe sei „mehr als eine Gesundheitskrise für Tiere: Sie ist ein globaler Notfall, der die Landwirtschaft, die Nahrungsmittelsicherheit, den Handel und die Ökosysteme destabilisiert“, warnt der Bericht. Dem ersten Jahresbericht der Agentur zur weltweiten Tiergesundheit zufolge sind in den vergangenen 20 Jahren über 630 Millionen Nutzvögel an der Vogelgrippe gestorben oder wurden getötet. Auch bei Wildvögeln kommt es zu massiven Verlusten, deren Ausmaß sich nur schwer abschätzen lässt.
Der Bericht unterstreicht die Rolle, die Impfungen bei der Eindämmung von Vogelepidemien spielen können, wodurch das Risiko für Säugetiere und Menschen verringert wird. Er nennt das Beispiel Frankreich, wo 2023 mit der Impfung von Enten gegen die Vogelgrippe begonnen wurde. Laut einer Modellierung der Veterinärschule von Toulouse (Südfrankreich) hätte es in diesem Jahr in Frankreich bis zu 700 Ausbrüche geben können, es seien jedoch nur 10 gewesen, heißt es in dem Bericht.
Für Emmanuelle Soubeyran ist diese Strategie eine Win-Win-Situation: Sie reduziert die Belastung des Menschen und ermöglicht gleichzeitig den Export von mehr Geflügel. Sie betont jedoch, dass Impfstoffe kein „Wundermittel“ seien und nicht für alle Situationen geeignet seien.
Biosicherheit, Überwachung, erhöhte Transparenz und globale Zusammenarbeit seien ebenfalls wichtige Instrumente zur Bekämpfung der Bedrohung durch die Vogelgrippe, fügte Emmanuelle Soubeyran hinzu und forderte mehr Investitionen in diesen Bereichen.
Letzten Monat meldete Mexiko den ersten Todesfall durch die Vogelgrippe: ein dreijähriges Mädchen. In den USA war im Januar der erste Todesfall zu verzeichnen, während in Kambodscha im Januar und Februar zwei Menschen an der Vogelgrippe starben. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) verliefen etwa 50 % der Vogelgrippe-Infektionen tödlich.
Der WHO-Bericht warnt außerdem allgemein vor der wachsenden Gefahr der Übertragung von Tierkrankheiten auf den Menschen, da der Klimawandel dazu führt, dass sich Arten in neuen Gebieten ansiedeln. Bei fast 70 % der der Agentur in den letzten 20 Jahren gemeldeten neu auftretenden Krankheiten handelt es sich vermutlich um eine Bedrohung für die menschliche Gesundheit.
Eine weitere Gefahr sei die zunehmende Resistenz bestimmter Krankheiten gegen Antibiotika, die laut Bericht „eine der größten Bedrohungen für die globale Gesundheit, die Nahrungsmittelsicherheit und die wirtschaftliche Stabilität“ darstelle.
La Croıx