Der enttäuschte WEF-Chef Klaus Schwab hatte sich für die EZB-Chefin Christine Lagarde als seine Nachfolgerin ausgesprochen. Er hat es sich nicht leichter gemacht

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Der enttäuschte WEF-Chef Klaus Schwab hatte sich für die EZB-Chefin Christine Lagarde als seine Nachfolgerin ausgesprochen. Er hat es sich nicht leichter gemacht

Der enttäuschte WEF-Chef Klaus Schwab hatte sich für die EZB-Chefin Christine Lagarde als seine Nachfolgerin ausgesprochen. Er hat es sich nicht leichter gemacht

Die Nachricht über einen möglichen zukünftigen Job von Christine Lagarde kam letzte Woche nicht völlig aus heiterem Himmel. Der derzeitige Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) befinde sich laut der Wirtschaftszeitung Financial Times (FT) in Gesprächen darüber, als nächsten Posten den Vorsitz des Weltwirtschaftsforums (WEF) zu übernehmen.

Seit einiger Zeit kursieren unter anderem in Schweizer und deutschen Medien Gerüchte, dass Lagarde (69) als neue Chefin des WEF im Gespräch sei, eines Thinktanks, der vor allem für seine jährliche Konferenz führender Politiker und Wirtschaftsvertreter im schweizerischen Davos bekannt ist.

Was die FT-Geschichte so spannend machte: die Quelle und was genau diese Quelle sagte. Die Quelle war Klaus Schwab, Gründer und bis vor kurzem Vorsitzender des WEF. Schwab (87) wurde letzten Monat vom WEF-Beirat entlassen, nachdem ihm Selbstbereicherung durch das WEF vorgeworfen worden war.

Der deutsch-schweizerische Ökonom sagte der FT, er befinde sich nicht nur seit „mehreren Jahren“ in Gesprächen mit Lagarde über seine eigene Nachfolge; Lagarde könne auch vor dem Ende ihrer Amtszeit Ende Oktober 2027 aus der EZB ausscheiden. Sie wolle den Schritt „spätestens Anfang 2027“ vollziehen, sagte Schwab.

Schwabs Aussagen über Lagarde schaden der EZB-Präsidentin: Über ihr schwebt nun der Eindruck, sie würde Frankfurt, den Sitz der EZB, lieber verlassen. Die EZB gilt als Hüterin der Stabilität in der Eurozone und profitiert nicht von Unruhen an der Spitze. Ein Sprecher der EZB antwortete schnell (kurz): Lagarde sei ihrer Rolle bei der EZB stets „voll und ganz verpflichtet“ gewesen und sie sei „entschlossen, ihre Amtszeit zu Ende zu führen“.

Sowohl Schwabs Worte als auch die Reaktion der EZB werfen eine Reihe von Fragen auf.

Beginnen wir mit der EZB: Am kommenden Donnerstag wird Lagarde im Anschluss an eine Zinssitzung eine reguläre Pressekonferenz geben. Wahrscheinlich wird sie auch von der Presse zu diesem Thema befragt werden. Bisher hat die Pressestelle der EZB nicht rundweg bestritten, dass Lagarde mit Schwab über einen vorzeitigen Wechsel gesprochen habe. Nur weil sie nun „entschlossen“ ist, „ihre Amtszeit abzusitzen“, heißt das nicht, dass sie nicht darüber nachgedacht hat.

Neben Schwab sprach die FT auch mit anonymen Quellen, die die Geschichte bestätigten. Lagarde selbst soll Zweifel geäußert haben, ob ein vorzeitiger Abschied von der EZB eine gute Idee sei. Lagardes Vorgänger Mario Draghi und Jean-Claude Trichet haben beide ihre achtjährige Amtszeit beendet. Der erste EZB-Präsident Wim Duisenberg (1998–2003) tat dies nicht, was jedoch auf einen politischen Kompromiss zurückzuführen war: Frankreich hatte gefordert, Trichet nach der Hälfte seiner Amtszeit die Macht übernehmen zu dürfen.

Bevor sie EZB-Präsidentin wurde, leitete Lagarde den Internationalen Währungsfonds und war französische Finanzministerin. Am Ende ihrer Amtszeit als EZB wird sie 71 Jahre alt sein.

Villenkomplex

Was am WEF, abgesehen von der vermutlich etwas leeren Agenda, attraktiv wäre, wäre auch der Arbeitsplatz. Die Organisation hat ihren Sitz am Genfersee und besitzt einen Villenkomplex (Villa Mundi), der für Konferenzen genutzt wird und auch eine Wohnung beinhaltet. Laut Schwab war diese Wohnung bereits für Lagarde reserviert.

Ob Schwab hier – und generell – die Wahrheit gesagt hat, ist unklar. Die Schweizer Presse hat die Frage aufgeworfen, ob Schwab, der Berichten zufolge sehr wütend über seinen erzwungenen Austritt aus dem WEF ist, die FT nutzen wollte, um seine Gegner anzugreifen. Ein Whistleblower soll ausgesagt haben, Schwab habe eine Wohnung in der Villa Mundi privat genutzt. Mit dem Hinweis, die Wohnung sei nicht für ihn, sondern für Lagarde bestimmt gewesen, hätte er dem entgegentreten wollen.

Schwab sagte gegenüber der FT, sein Plan, Lagarde zur neuen WEF-Chefin zu machen, sei möglicherweise durch seinen eigenen erzwungenen Rücktritt im letzten Monat gescheitert. Der Ruf des WEF wäre dadurch zu sehr geschädigt worden. „Ich möchte sie nicht verlieren. Ich möchte sicherstellen, dass das, was hier aufgebaut wurde, nicht zerstört wird.“

Doch nach Schwabs Kommentaren in der Financial Times diese Woche scheint es nur noch schwieriger, wenn nicht gar unmöglich geworden zu sein, Lagarde jemals wieder zum WEF zurückzuholen. Dann würde sie der Agenda eines Mannes folgen, der inzwischen in Ungnade gefallen ist.

Eine Version dieses Artikels erschien auch in der Zeitung vom 31. Mai 2025 .
nrc.nl

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