Gesundheitstrend: Glucose-Monitoring ohne Diabetes



Auch manche Menschen ohne Diabetes interessieren sich inzwischen für ihren Blutzuckerspiegel –aus verschiedenen Gründen. / © Adobe Stock/Halfpoint
Kalorien, Schritte, Schlafrhythmus – gesundheitsbewusste Menschen tracken so einiges. Neu hinzu kommt aktuell der Blutzuckerspiegel. Kleine Sensoren, die auf die Haut geklebt werden, messen alle paar Minuten den Glucosegehalt in der Flüssigkeit unter der Haut und senden die Daten in Echtzeit an das Smartphone.
Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes ist dieses kontinuierliche Glucose-Monitoring (CGM) inzwischen die Norm; teilweise wird es auch bei Typ-2-Diabetes eingesetzt. Aber auch Menschen ohne Diabetes interessieren sich verstärkt für ihren Blutzucker. Vor allem in den USA ist dies ein Trend.
Dort erhielt im März 2024 ein erstes freiverkäufliches CGM-System eine Zulassung, das explizit auch für Stoffwechsel-Gesunde gedacht ist: »Das Dexcom Stelo Glucose Biosensor-System ist ein integriertes CGM für alle Personen ab 18 Jahren, die kein Insulin verwenden, wie Menschen mit Diabetes, die ihre Erkrankung mit oralen Medikamenten behandeln, oder Menschen ohne Diabetes, die besser verstehen möchten, wie sich Ernährung und Bewegung auf den Blutzuckerspiegel auswirken können«, schrieb die US-Zulassungsbehörde FDA damals.
In den USA und auch in Europa sind mehrere CGM-Systeme auf dem Markt. In Deutschland können sie auch von Menschen ohne Diabetes verwendet werden – wenn sie sie selbst bezahlen. Von den Krankenkassen erstattet bekommen die Systeme nur Typ-1-Diabetiker und in Einzelfällen Typ-2-Diabetiker, wenn sie die Zielwerte nicht auf andere Weise erreichen.
Dafür, dass Menschen ohne Diabetes ihren Blutzucker monitoren wollen, kann es verschiedene Gründe geben. Viele interessieren sich ganz einfach dafür, was Ernährung, Bewegung und Schlaf mit ihrem Körper machen. Womöglich können diese Informationen als Motivation dienen, das Verhalten zu verändern und so das Risiko für Diabetes zu verringern oder einem bereits bestehenden Prädiabetes entgegenzuwirken. Manche Menschen wollen auch den Blutzuckerspiegel optimieren und Blutzuckerspitzen vermeiden, um sich gesünder zu fühlen oder abzunehmen. Das propagiert unter anderem die französische Ernährungsexpertin Jessie Inchauspé in ihrem 2022 erschienenen Buch »Der Glukose-Trick: Schluss mit Heißhunger, schlechter Haut und Stimmungstiefs«. Auch auf Social-Media-Kanälen gibt es Befürworter von CGM bei Gesunden.
Zur Prävention von Diabetes könne die Visualisierung der Glucosewerte durch CGM-Geräte sinnvoll sein, bestätigt Dr. Julia Parzinger, niedergelassene Internistin in Thiersee, Österreich, im Gespräch mit der PZ. Sie setzt die Systeme – nach einem Selbstversuch im vergangenen Jahr – bei einzelnen Patienten mit Prädiabetes, also grenzwertigen HbA1c-Werten, gezielt ein. »Es ist interessant, wenn man sieht, was die einzelnen Nahrungsmittel mit dem Blutzucker machen«, sagt Parzinger.
Sie verwendet das CGM als eine Art Schulungstool zur visuellen Unterstützung der Ernährungsberatung. »Wenn die Patienten selbst sehen, welche Auswirkungen einzelne Nahrungsmittel haben, ist der Lerneffekt stärker als wenn sie es nur erzählt bekommen.« Und auch der blutzuckersenkende Effekt von Sport auf den Glucosewert sei gut zu erkennen; das könne motivierend wirken, sich mehr zu bewegen. »Eigentlich ist es vor einem manifesten Diabetes wichtig, zu lernen: Was darf ich und was darf ich nicht.« Die Ärztin setzt die CGM-Systeme, die etwa 70 Euro kosten und zwei Wochen halten, bei Patienten nur einmal zu Schulungszwecken ein und nicht dauerhaft.

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