Bundeswehr: Union erwägt Aufstockung des Sondervermögens
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In der Union wird erwogen, in einer Art Notoperation ein weiteres Sondervermögen für die Bundeswehr im Grundgesetz zu verankern oder das bereits bestehende deutlich aufzustocken. Eine allgemeine Reform der Schuldenbremse könne nicht vom alten Bundestag entschieden werden, sagte CSU-Chef Markus Söder am Dienstag. Etwas anderes sei es jedoch, ein Sondervermögen zu verändern. Das müsse geprüft und überlegt werden. In diesem Zusammenhang sprach er von einem „international wuchtigen Signal“. Das sei vorbehaltlich der Gespräche von SPD-Chef Lars Klingbeil und dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz.
Merz sagte, er könne Pläne für ein neues oder aufgestocktes Sondervermögen weder bestätigen noch dementieren. „Wir sprechen miteinander, aber es ist viel zu früh, darüber jetzt schon etwas zu sagen“, so der CDU-Chef. Nötig sei zunächst ein Kassensturz, um Klarheit über die Finanzlage in der anstehenden Wahlperdiode zu bekommen. Eine Reform der Schuldenbremse in „naheliegender Zukunft“ schloss er aus.

Die Bundestagswahl hat neue Mehrheitsverhältnisse geschaffen. Das wird für eine Bundesregierung mit Blick auf die angespannte Haushaltslage zum Problem. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu der neue Debatte.
Die Union drückt aufs Tempo, weil die demokratischen Parteien der Mitte im neuen Bundestag nicht mehr über eine Zwei-Drittel-Mehrheit verfügen, die für eine Grundgesetzänderung nötig ist. Im neuen Bundestag haben AfD und Linke knapp mehr als ein Drittel der Sitze. Sie verfügen damit gemeinsam über eine sogenannte Sperrminorität, um Grundgesetzänderungen zu verhindern. Im alten Bundestag ist das nicht der Fall.
In der SPD sieht man die neuen Töne des CDU-Chefs in der Schuldenfrage mit einer Mischung aus Genugtuung und Irritation. Bundeskanzler Olaf Scholz und andere führende Sozialdemokraten hatten Merz schon im Wahlkampf immer wieder vorgeworfen, keine Antwort auf die Frage zu haben, wo die Milliarden für das Aufwachsen des Verteidigungsbudgets herkommen sollen. Dass Merz nun keine 24 Stunden nach Schließung der Wahllokale plötzlich Beweglichkeit in der Schuldenfrage signalisiert, kam für viele Sozialdemokraten dennoch überraschend. Grundsätzlich sei man ja dafür, die Möglichkeiten der Kreditaufnahme zu erhöhen, heißt es in SPD-Kreisen. Durch bloße Ankündigungen sei allerdings noch nichts gewonnen. Stattdessen brauche es ernsthafte Politik. Merz müsse nun Gespräche in der Sache aufnehmen und zwar schnell. Das sei bislang nicht geschehen.
Die Grünen machten deutlich, dass sie von einem neuen Sondervermögen nichts halten. Sie fordern nach wie vor eine Reform der Schuldenbremse. Das sei schlauer, als ein Sondervermögen für Verteidigung zu schaffen, und dann noch eines für Wirtschaft und Infrastruktur, sagte die Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Katharina Dröge. Co-Fraktionschefin Britta Haßelmann nannte es überdies „keine unproblematische Entscheidung“, dass der alte Bundestag womöglich noch eine Entscheidung treffen solle, obwohl der neue Bundestag bereits gewählt sei.
Im Verteidigungsetat klafft in den kommenden Jahren eine erhebliche Lücke. 2027 ist das kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine eingerichtete Sondervermögen für die Bundeswehr in Höhe von 100 Milliarden Euro aufgebraucht. Um dennoch das bisherige Nato-Ziel für die Rüstungsausgaben von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung zu erfüllen, muss der Verteidigungshaushalt von heute rund 52 Milliarden Euro im Jahr 2028 sprunghaft auf etwa 85 Milliarden Euro steigen. Da inzwischen davon ausgegangen wird, dass die Verteidigungsausgaben künftig sogar bei drei Prozent der Wirtschaftsleistung liegen sollten, müsste der Bundeswehr-Etat eher auf 125 bis 130 Milliarden Euro erhöht werden. Durch die Aufstockung des Sondervermögens könnten die Lücken zumindest zeitweise geschlossen werden.
rnd