Eishockey-Nationalmannschaft nicht gefordert: Stängeli zur Schweizer Pflichterfüllung


Es ist ein Novum für die Schweizer Eishockey-Nationalmannschaft, dass der Coach in einem WM-Gruppenspiel Spieler schonen und ihnen eine Pause gewähren kann. Denis Malgin und Sven Andrighetto, das kongeniale Stürmerduo der ZSC Lions, erhielten am Sonntagabend im Match gegen Ungarn wie auch der Verteidiger Jonas Siegenthaler eine Pause. Die Drei sollen ihre Kräfte für die entscheidende Turnierphase schonen, die am Donnerstag mit den Viertelfinals beginnt.
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Bereits seit dem vergangenen Freitag und dem 3:0 gegen Norwegen steht das Team von Patrick Fischer als Viertelfinalist fest. In den beiden verbleibenden Gruppenspielen am Sonntagabend gegen Ungarn (10:0) und am Dienstagmittag gegen Kasachstan geht es nur noch um die Platzierung und die Ausgangslage für die Viertelfinals. Klar ist auch jetzt schon: Sollte Fischers Team dort scheitern, wird dieses Turnier den guten Auftritten in der ersten Turnierhälfte zum Trotz mit einer Enttäuschung enden.
Hischiers Ausfall als erster DämpferFischers Team ist vor mittlerweile knapp zwei Wochen nach Dänemark geflogen, um nach Schweden weiterzuziehen und dort am kommenden Wochenende wie vor einem Jahr in Prag um Medaillen zu spielen. Die Schweizer Ambitionen erhielten am Freitag aber einen Dämpfer, als bekannt wurde, dass das Turnier für den Teamcaptain Nico Hischier zu Ende ist. Der Number-one-Draft-Pick der New Jersey Devils von 2017 schied im Spiel gegen Deutschland bereits im Startdrittel mit einer Beinverletzung aus. Die WM ist für ihn zu Ende.
Der Coach Patrick Fischer sagte am Freitag nach dem Match gegen Norwegen, sein Ausfall treffe das Team. «Einen Spieler wie Nico kann man nicht einfach so ersetzen. Er ist ein unglaublich wichtiger Teil unserer Mannschaft, auf und neben dem Eis. Zum Glück bleibt er bis zum Ende bei der Mannschaft und wird uns so unterstützen. Das heisst aber, dass jeder einzelne noch etwas mehr Verantwortung übernehmen und leisten muss.»
Die Blicke von Patrick Fischer und seinem Direktor Lars Weibel richten sich deshalb erneut nach Nordamerika. Dort ist in der Nacht auf Sonntag mit Nino Niederreiter ein weiterer Schweizer aus dem Stanley-Cup ausgeschieden. Er scheiterte mit seinen Winnipeg Jets an den Dallas Stars. Wenn immer es ihm möglich war, hat er für die Schweiz gespielt. Auch jetzt hat Fischer in seinem Team noch einen Platz für den kräftigen Flügel offengelassen. Derzeit laufen die Verhandlungen für seine Freigabe.
Warten auf Nino NiederreiterNiederreiter könnte rechtzeitig für die K.O.-Phase zum Team stossen. Auch wenn die bisherigen Auftritte von Fischers Team überzeugend waren, würde er das Kader weiter aufwerten. Der Churer war bereits ein wichtiger Bestandteil bei den Silbermedaillen 2013, 2018 und vor einem Jahr in Prag. Auch ohne Hischier gewann die Schweiz die Partien gegen Deutschland (5:1), Norwegen (3:0) und Ungarn ohne grössere Schwierigkeiten. Doch die Aufgaben werden nun zunehmend anspruchsvoller.
Vor allem die Partien gegen Ungarn waren kein Massstab für die Fortsetzung des Turniers. Der Aufsteiger ist eines jener Teams, das an einer A-Weltmeisterschaft im Prinzip nichts zu suchen hat und kein ernsthafter Gradmesser für die Schweizer ist. Swiss Ice Hockey führt nicht einmal ein sogenanntes Head-to-Head, eine Statistik der Direktbegegnungen gegen die Magyaren. Die letzten Partien zwischen den beiden fanden vor Jahrzehnten in der Eiszeit des internationalen Eishockeys und nicht im Rahmen der A-Gruppe statt.
Den zehn Toren zum Trotz zeigten die Schweizer zuweilen einen ausgesprochen uninspirierten Auftritt, was angesichts des inferioren Gegners auch nicht erstaunlich war. Gefährlich wurde es trotzdem nicht. Es dauerte bis tief ins dritte Drittel hinein, ehe einmal so etwas wie Torgefahr vor Leonardo Genoni aufkam. Einfach als am Sonntag dürfte der Zuger Goalie noch selten zu einem Shutout gekommen sein. Im gesamten Match hatte er nur sechs Schüsse zu halten.
Ambühl sagte in der ersten Drittelspause vor der Kamera des Schweizer Fernsehens: «Uns war allen klar, dass wir alle wieder etwas mehr auf das Gas drücken und konzentriert in den Match steigen müssen. Es bringt nichts, einfach nur schön zu spielen.» Der 41-jährige Teamsenior bestreitet in Dänemark und Schweden seine 20. A-Weltmeisterschaft und ist damit auch international der Rekordspieler. Er hat allein mehr WM-Partien bestritten als das gesamte ungarische Team zusammen.
Ungarn ist im internationalen Eishockey ein Exote. Als Aufsteiger sind die Ungarn in Dänemark zum vierten-Mal in diesem Jahrtausend an einer A-Weltmeisterschaft dabei. Dank dem Sieg über Kasachstan (4:2) stehen die Chancen gar nicht schlecht, dass Ungarn das Ziel erreichen und den Klassenerhalt schaffen können. In ihrem Team stehen keine NHL-Spieler, dafür aber mit Tamas Ortenszky einer, der üblicherweise für den EHC Winterthur in der Swiss League spielt. Seit 2017 lebt Ortenszky in der Schweiz. Mit 3 Assists ist der Verteidiger zweitbester Skorer seines Teams.
Der Älteste und der Jüngste des TurniersImmerhin stellen die Ungarn auch den jüngsten Spieler des Turniers und damit das Gegenstück zu Andres Ambühl. Doman Szongoth wird am kommenden 8. Juni erst seinen 17. Geburtstag feiern und deshalb von den internationalen Scouts beobachtet. Seit dem 15 Lebensjahr spielt er in Finnland bei KooKoo Kouvola und wird bereits jetzt als hoher NHL-Draft gehandelt. Die A-WM ist sein drittes internationales Turnier in dieser Saison. Er hat auch schon die U20- und die U18-WM bestritten.
Was gibt nach diesem sechsten Gruppenspiel in Herning zu protokollieren? Andres Ambühl erzielte einen Hattrick. Zum dritten Mal nach den beiden 3:0 gegen Tschechien und Norwegen blieben die Schweizer ohne Gegentreffer. Und Spiele wie das gestrige haben an einer WM eigentlich nichts verloren. Es kann mit dem Niveau nur noch aufwärts gehen.
nzz.ch