Pokalsieg für den VfB mehr als nur ein Titel

Im siebten Anlauf der vierte Erfolg. Stuttgart feiert den Pokalsieg, der mehr ist als nur ein Titel. Ein Kommentar von kicker-Reporter George Moissidis.
Der VfB Stuttgart ist DFB-Pokalsieger 2025 und damit in der Europa League dabei. IMAGO/Revierfoto
Der Pokalsieg ist für den VfB der volle Suppenlöffel Zucker gegen die Bitterstoffe, die diese Spielzeit für den Vizemeister von 2024 immer wieder parat hatte.
Zum Abschluss von zehn Monaten, die man bewusst demütig begonnen hatte, weil klar war, dass man die abgewanderten Leistungsträger wie Toptorjäger Serhou Guirassy, Abwehrchef Waldemar Anton und dessen Nebenmann Hiroki Ito nicht würde vollumfänglich oder problemlos ersetzen können. Weil der neue Kader Zeit brauchen würde, um die Neuzugänge zu integrieren. Zeit, damit Trainer Sebastian Hoeneß den Spielstil neu implementieren und neue Führungsstrukturen aufbauen kann. Dazu musste die nicht zu Unrecht gestiegene Erwartungshaltung und öffentliche Aufmerksamkeit im und um den Verein herum kanalisiert und die ungewohnte Drei- bis Vierfachbelastung aus Bundesliga, Pokal, Champions League und teilweise Nationalmannschaft gemeistert werden.
Die Voraussetzungen dafür wurden allerdings mehr als geschaffen. Der Kader wurde verbreitert, rund 66 Millionen Euro kamen rein, um die 75 gingen raus. Einige Verträge wurden (teuer) verlängert. Alles, um die positive Entwicklung fortzusetzen. Und sicher nicht, um sich mit dem erreichten Ligaplatz 9 zufriedengeben zu müssen. Der Traditionsklub, der in der Saison 2023/24 stolze 73 Zähler und den Vizemeistertitel geholt hat und gleich ein Dutzend nationale und internationale Nationalspieler aufbieten kann, wurde nicht grundlos in den Himmel gelobt. Ein neuer Stern. Ein fetter Stachel im Fleisch der gewohnten Eliten Bayern, Leverkusen, Dortmund oder Leipzig.
Aus dem Nichts ins Nichts gefallenWas bis Februar passierte, war dann auch durchaus zufriedenstellend. Trotz der Belastungen und diverser Leistungsschwankungen holte man in der Champions League achtbare zehn Zähler. Die knapp nicht für die K.-o.-Phase reichten. In der Liga war man dafür mit Rang 4 auf Kurs. Um aus dem Nichts ins Nichts zu fallen. Der Porsche- und Mercedes-Klub VfB im Kleinwagen-Modus: mit Fehlern in allen Teilen.
Anfangs kombiniert mit schwachen Leistungen, später mit beanstandungslosen, dennoch aber erfolglosen. Zeitweise wirkten Mannschaft und Teile der Spieler überspielt und selbstzufrieden. Sechs Heimniederlagen in Folge, dazu nach Gegentoren in den Schlussminuten, kosteten eine bessere Platzierung. Wahrscheinlich auch die mögliche, erneute Qualifikation zur Königsklasse. Kurioserweise erlaubte man sich im Pokal weder im Viertelfinale noch im Halbfinale solche Aussetzer.
Pokalsieg überdeckt allesUnd auch im Endspiel nicht. Selbst wenn man im Gefühl des klaren Sieges das pickelige Gesicht der Selbstverliebtheit und Leichtfertigkeit zeigte, das in der Liga viele Punkte gekostet hat und die Schlussphase im Finale wieder spannend machte. Der Pokalsieg, der erste Titel seit der Meisterschaft 2007, überdeckt alles und macht aus einer teilbefriedigenden Saison eine gute.
Die damit verbundene erneute Qualifikation für das internationale Geschäft bietet dem VfB die Möglichkeit des nächsten Entwicklungsschrittes. Mit der Blickrichtung, sich auch künftig im oberen Drittel der Liga festsetzen zu können. Nötig ist dies angesichts der hohen Investitionen. Und angesichts der nicht kleiner werdenden Ambitionen und Erwartungen.
kicker