Der Börsengang der Krypto-Firma Circle ist ein durchschlagender Erfolg. Doch wieso schwächeln Bitcoin und Co.?


Brendan Mcdermid / Reuters
Kursexzesse sind bei Tech-Aktien etwas Alltägliches. Dennoch hat der New Yorker Börsengang von Circle am Freitag für Aufsehen gesorgt. Der Anbieter des Stablecoins USDC – der zweitwichtigste digitale Dollar nach Tethers USDT – ging mit einem Börsenwert von 22 Milliarden Dollar aus dem ersten Handelstag. Gemessen am Gewinn der vergangenen zwölf Monate entspricht das einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 125.
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Digitale Dollar sind en vogue. Weil im US-Kongress gerade ein Stablecoin-Gesetz beraten wird, das rechtliche Hindernisse ausräumen soll, will eine ganze Reihe an Unternehmen solche Zahlungsmittel lancieren oder verwenden. Stablecoins können in Echtzeit und zu sehr tiefen Kosten die Hand wechseln, auch über Landesgrenzen hinweg. Es handelt sich zudem um programmierbares Geld, das sich etwa auch für die Verwendung durch KI-Agenten eignet.
Gemäss einem Bericht von «Fortune» planen nun auch Apple, Airbnb und Google, Stablecoins zu verwenden. Bereits bekannt ist, dass X von Elon Musk dieses Jahr Stablecoin-Zahlungen lancieren will. Alleine Tether und Circle haben digitale Dollar mit einem Volumen von 216 Milliarden Dollar ausgegeben. Eine Reihe von anderen Anbietern, inklusive des Familienunternehmens von Donald Trump, eifert den beiden Marktführern nach.
Etwas verwunderlich ist, dass der Wert der Blockchains, auf denen diese Stablecoins laufen, derzeit schwächelt. Ether, der Token von Ethereum, und Solana notieren deutlich unter ihren Höchstkursen. Dabei werden diese beiden Blockchains sehr rege dafür benutzt, um andere Vermögenswerte zu digitalisieren, namentlich US-Staatsanleihen.
Doch wenn immer an der Börse Sorgen auftauchen, etwa im Zusammenhang mit den Zollkriegen oder jüngst mit dem Zerwürfnis zwischen Donald Trump und Elon Musk, reagieren diese Kryptowährungen viel empfindlicher als die Aktienmärkte. Sogar der Preis von Bitcoin, dessen Narrativ als digitales Gold besonders einfach zu verstehen ist, notiert unter dem kürzlich erzielten Kurshoch.
Projekte aus der zweiten Reihe wie Aave, Chainlink oder Uniswap, deren Dienste eigentlich stark nachgefragt werden, sind gemessen an ihren Kryptowährungen sogar nur noch ein Schatten ihrer früheren Grösse.
Das könnte sich bald ändern. Viele Branchenexperten erwarten einen spektakulären Aufschwung des breiten Krypto-Marktes wie in früheren Zyklen. Eine notwendige Bedingung dafür seien aber weitere Zinssenkungen. Diese sind zumindest in den USA ins Stocken geraten, weil die Notenbank erst abwarten will, wie sich die Zölle auf die Inflation auswirken.
Spekulative Vermögenswerte wie Kryptowährungen laufen erst dann richtig heiss, wenn die Finanzmärkte mit Liquidität geschwemmt werden. Und die Zeichen, dass dies in den kommenden Monaten geschehen wird, sind da. Einige Auguren rechnen damit, dass die globale Liquidität im dritten Quartal ihren Höhepunkt erreichen wird. Spätestens dann sollten also auch die Kryptowährungen Rekordkurse erzielen.
Bis es so weit ist, dürften Technologieaktien mit einem Krypto-Bezug besser performen. Davon wollen jetzt auch die Winklevoss-Zwillinge profitieren. Die beiden Mitgründer von Facebook planen gemäss Bloomberg einen Börsengang von Gemini, ihrem Krypto-Handelsplatz.
Ein Artikel aus der «NZZ am Sonntag»
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