Glasfaser: Der Ausbau des schnellen Internets kommt voran – mit einer Tücke

Ein Meilenstein wird in der Digitalisierung bald erreicht: Ende des Jahres wird die 10-Millionen-Grenze bei den superschnellen Glasfaseranschlüssen erreicht. Allerdings wird es bis zur Vollversorgung noch einige Zeit dauern. Vor allem in Mehrfamilienhäusern ist die Gigabittechnologie nach wie vor noch die große Ausnahme. Dies geht aus einer Studie des Beratungsunternehmens Dialog Consult hervor, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. Ein großes Hindernis ist die enorm aufwendige Verkabelung im Gebäude.
Dabei gilt eine ziemlich sportliche Vorgabe: Die Bundesregierung hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 alle Haushalte mit Glasfaser zu versorgen. „Dies bedeutet, dass jeder Haushalt die Möglichkeit haben soll, einen Glasfaseranschluss zu erhalten, unabhängig von seinem Standort“, so das Digitalministerium.
Immerhin: Die Studie, die im Auftrag der Branchenverbände Anga und VATM erstellt wurde, zeigt, dass es vorangeht. Ende 2024 waren erst 8,8 Millionen Glasfaseranschlüsse fertiggestellt. Ende dieses Jahres sollen es den Hochrechnungen zufolge 9,9 Millionen sein. Dabei haben die Rivalen des Ex-Monopolisten Deutsche Telekom die Nase vorn: Sie kommen auf einen Anteil von knapp zwei Drittel.
Allerdings wird es den reinen Highspeed-Glasfaser-Anschluss nur für insgesamt 7,6 Millionen Haushalte geben, bei den übrigen handelt es sich um FTTB-Lösungen - Fibre To The Building: Highspeed endet am Hausanschluss. Von dort an werden die Bits mittels der guten alten Kupferleitungen, auch Klingeldraht genannt, transportiert. Was den Datenfluss deutlich verlangsamt.
Die echten Glasfaseranschlüsse, die bis in die Wohnung reichen (FTTH - Fibre To The Home) bieten mehr als 1000 Megabit pro Sekunde, während die derzeit üblichen Anschlüsse nur auf 100 bis 200 Megabit kommen. Die hohe Geschwindigkeit hat ihren Preis. Er liegt vielfach noch über den Standard-DSL-Tarifen.

Echte Glasfaseranschlüsse, die bis in die Wohnung reichen bieten mehr als 1000 Megabit pro Sekunde.
Quelle: Jan Woitas/dpa
Was auch mit den monetären Unterschieden zu tun hat: Dialog-Consult rechnet damit, dass nur jeder dritte Haushalt, der einen Glasfaseranschluss haben kann, ihn in diesem Jahr auch tatsächlich kostenpflichtig bestellt - das ist die Take-Up-Rate. Für Experten ist dennoch klar, dass sich in den nächsten Jahren FTTH durchsetzen wird und mit der Zahl der Anschlüsse auch die Preise deutlich sinken.
Für die von der Telekom verlegten Leitungen prognostizieren die Studienautoren eine Take-Up-Rate von sogar nur 16 Prozent. Dies habe mit unterschiedlichen Ausbaustrategien zu tun, teilen die Verbände mit. Die Telekom konzentriere sich auf „Homes Passed“. Damit baue der Konzern vorrangig „an den Häusern vorbei“. Die Leitungen werden in den Straßen verlegt, aber die Wohngebäude nicht angeschlossen, um Wettbewerber fern zu halten.
Erstaunlich ist die Verteilung bei den Gebäudetypen. Bei Einfamilienhäusern ist insgesamt bereits ein Drittel erschlossen. Von rund 30,5 Millionen Wohnungen in den bundesdeutschen Mehrfamilienhäusern, wo Menschen überwiegend zur Miete wohnen, ist die Glasfaser aber erst in 5,2 Millionen angekommen. Hier ist die Kooperation mit der Wohnungswirtschaft nötig. Und generell gilt: Je größer eine Immobilie, umso komplizierter der Ausbau innerhalb des Gebäudes.
Da klemmt es häufiger. So berichtet etwa die Verbraucherzentrale Niedersachsen, dass sich das Installieren eines Glasfaseranschlusses über weit mehr als ein Jahr hinziehen kann, weil in einem typischen Fall nach dem Verlegen des Anschlusses, der alles entscheidende „Hausübergabepunkt“ erst mit Verspätung installiert wird. Dann stellt sich heraus, dass die Inhausverkabelung - anders als vom Hausbesitzer erwartet - nicht im ursprünglichen Angebot enthalten war, was komplizierte Nachverhandlungen zeitigt.
Auch Dialog-Consult hat nach Pleiten und Pannen und zwar „für den nicht erfolgten FTTH-Ausbau“ gefragt. In zwei von drei Fällen haperte es unter anderem an der Verfügbarkeit von Bauunternehmen. Bei jeweils einem Viertel der gescheiterten Vorhaben waren rechtliche Schwierigkeiten wie Denkmalschutz oder eine „schwierige Bausubstanz“ die Ursache.
Die Chefs der Telekommunikations-Verbände Anga und VATM
Nicht ganz unwesentlich ist auch, dass die Finanzierung bei knapp 13 Prozent der Fälle zum Scheitern führte. Je nach Gebäudeart kostet der Ausbau zwischen 600 und 1400 Euro pro Wohneinheit. Wobei: Telekom-Rivalen übernehmen in gut der Hälfte der Fälle die Kosten. Als weitere Bremsklötze werden in der Studie Fachkräftemangel und Zeitfaktoren genannt: Hausbesitzer wollen häufig die Glasfaserverlegung mit Umbauten oder Renovierungen koordinieren.
Um den Ausbau zu beschleunigen, fordern die beiden Verbandschefs, Frederic Ufer (VATM) und Philipp Müller (ANGA), vor allem klare Rahmenbedingungen. Allem voran: „Umgehend Transparenz für die Kupferabschaltung.“ Gemeint ist damit das Netz der Telekom, mit dem die DSL-Anschlüsse geschaltet werden. Die Bundesnetzagentur müsse da eine aktivere Rolle einnehmen: „Die Branche braucht Regeln, wann und wo welche Anschlüsse umgestellt werden“, sagten Ufer und Müller dem RND. Gemeint ist eine Art langfristiger Zeitplan. Die Telekom lehnt dies ab.
rnd