Feministische Märchen: Wer hat Angst vor der bösen Wölfin?

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Die Britin Angela Carter hat bekannte Märchen humorvoll und grausam nacherzählt. Eine neu übersetzte und illustrierte Ausgabe macht aus „Die blutige Kammer“ einen großartigen feministischen Klassiker.
Von Meike Feßmann
Wölfe haben sie großgezogen und natürlich würde sie sich selbst als Wölfin bezeichnen, wenn sie sprechen könnte. Kann sie aber nicht. Auf allen vieren bewegt sich das Mädchen durch die Gegend. Sie lebt ohne Zukunft, ohne Vergangenheit. Doch als sie zu menstruieren beginnt, entwickelt sie aus der Wiederkehr des Gleichen eine vage Vorstellung von Zeit. Der „Keim einer Art wilden Herumdenkens“, wie er sich bei „Wolfsalice“ in die Wahrnehmung schleicht, ist in allen Erzählungen Angela Carters am Werk. In leuchtender Souveränität verknüpfen sie Spekulation und Imagination. Sie sind prächtig, voller Witz und fürchten sich nicht vor Sex und Gewalt.
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