Vier Jahre auf Tour: So rockt Metallica die Welt

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Vier Jahre auf Tour: So rockt Metallica die Welt

Vier Jahre auf Tour: So rockt Metallica die Welt

„Das Leben hier draußen ist rau“, bellt James Hetfield ins Mikrofon, „aber wir hören nie auf, wir geben nie auf, denn wir sind Metallica!“ Das war 1983, als der Stern der Band über der Hardrock-Welt aufstieg. „Whiplash“ war der Schlüsselsong des Metallica-Debütalbums „Kill em All“. Er erzählte von der Verschworenheit einer Band und der Hingabe ihrer Fans und gab eine Brutalo-Anleitung fürs Headbangen, das Schütteln des Haupthaars und Schwingen des Schädels, bis der Nacken kracht.

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„Whiplash“, heißt übersetzt Schleudertrauma, der Song war damals Urknall des rasenden Thrash-Metal. Nie zuvor war mehr Energie in den Gefilden des harten Rock zu spüren gewesen. „Thrash“ kam vom „Dreschen“ des Korns mit Dreschflegeln, übertragen aufs „Verdreschen“ der Instrumente. Ein Kraftklang, gespeist vom klassischen Metal, mit Elementen von Punk und der New Wave of British Heavy Metal à la Iron Maiden. Die gewagte Prophezeiung Hetfields, der den Song mit Schlagzeuger Lars Ulrich geschrieben hatte, ging tatsächlich in Erfüllung. Metallica hörten nie auf – bis heute.

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Am 23. Mai geben Hetfield, Ulrich, Kirk Hammett (Leadgitarre) und Robert Trujillo (Bass, seit 2003 in der Band) das erste von zwei Konzerten im Footballstadion von Philadelphia. Es wird eine Play-it-out-very-very-loud-Show auf Donut-förmiger Rundbühne mit Moshpit im Donut-Loch – erschöpfend für das Quartett auf der Bühne und für die Fans in der Arena.

Die Trommeln werden wie immer gemeinsam mit den Gitarren jagen. Wenn Ulrich sein monströses Schlagwerk in den Orbit tritt (vier Sets sind auf der Innenraumbühne aufgebaut), seine Füße auf den Pedalen beim Hochgeschwindigkeits-Doublebase-Kicken heiß laufen, sind Dezibelblocker in den Ohrmuscheln empfohlen. Was durch sie dringt, ist immer noch wie Tomahawk in der Schädeldecke.

Lars Ulrich 2013 in der "Berliner Zeitung"

Eigentlich wollten Metallica ihre 2023 in Amsterdam begonnene M72-Tour am 6. Dezember in Abu Dhabi beenden. Jetzt wird ein viertes Jahr angehängt: Am 6. Mai 2026 beginnt Metallicas Live-Saison 2026 in Athen. Auch drei Auftritte in Deutschland sind geplant – am 22. und 24. Mai im Frankfurter Deutsche Bank Park und am 30. Mai im Berliner Olympiastadion.

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Warum sie sich das antun? „Weil wir es können“, sagte Gitarrist Kirk Hammett 2023 im RND-Interview. Und weil „Jahr“ natürlich auch nicht so wörtlich zu nehmen ist. Die Gigs prasseln nicht mehr täglich, zwischen einzelnen Konzerten liegen – wie bei vielen „alten“ Bands – ein bis mehrere Tage Abstand, zwischen den einzelnen „Tourflügeln“ hat die Band oft mehrere Monate Erholung.

Es gilt zudem Disziplin statt Exzess. „Sport machen und Gemüse essen ist der neue Rock ‘n’ Roll!“, hatte Ulrich vor 12 Jahren der „Berliner Zeitung“ als Bandlosung ausgegeben. Einen Rückfall in die Alkoholsucht im Jahr 2019 überwand Sänger James Hetfield durch eine Therapie – er ist seit fünf Jahren trocken. Und dann sind Metallica auch gar noch nicht sooo alt. Hetfield und Ulrich sind 61, Kirk Hammett 62 und Trujillo 60.

Hart und live geht auch noch im weit fortgeschritteneren Seniorenalter, und wann es lächerlich wird, entscheiden die Fans mit den Füßen. Bei AC/DC, die ihre letztjährige Tournee ins Jahr 2025 verlängerten, ist Aushängeschild Angus Young 70 Jahre alt, Sänger Brian Johnson 77. Bei den Scorpions wird Sänger Klaus Meine am 25. Mai 77, Gitarrist Rudolf Schenker folgt ihm im August. Bruce Springsteen wird im September 76, ist im dritten Jahr auf Welttour. Durchschnittliche Länge der schweißtreibenden Shows des „Boss“: Zweieindreiviertelstunden.

Austin Considine am 16. August 2023 in der "New York Times"

Und der Kern der Rolling Stones? Mick Jagger und Keith Richards sind 81, Ronnie Wood 77. Die Stones haben allerdings den ursprünglich für dieses Jahr Europaflügel ihrer „Hackney Diamonds“-Tour auf 2026 verschoben. Rod Stewart (80), Woods einstiger Bandkollege bei den Faces, hat seine „One Last Time“-Tour um 2026 erweitert, es gibt Gerüchte einer „Very Last Time“ im Jahr 2027. Freilich bringt Rod The Mod neben Rock – auch Popstücke und Balladen, und verzieht sich gelegentlich zum Durchatmen und Garderobewechsel hinter die Bühne, während er den sechs aparten Ladys in seiner Band die Show überlässt.

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„Metallica ist nicht die einzige Band, die Stadiontouren macht und deren Mitglieder die 60 überschritten haben“, schrieb die „New York Times“ 2023, „aber nicht jede Band verdient sich ihr Geld damit, Songs mit regelmäßig über 190 Beats pro Minute zu schmettern“. Das war nach dem ersten US-Konzert der M72-Tour in der MetLife-Arena von East Rutherford, New Jersey, vor 80.000 zumeist in schwarz gekleideten enthusiastischen Fans.

„Stadionerschütternd“ schrieb die „Asbury Park Press“ in ihrer Review. Einen „Thrash-Himmel“ nahm die Entertainment-Website „Hollywoodsoapbox“ wahr: „Sie ritten während des gesamten Konzerts auf einer Überschallwelle.“

Der Grund für die Zugkraft von Metallica ist ihre anhaltende Power. Metallica live, das war stets das Versprechen von Erschöpfung (auf Bandseite) und Katharsis (beim Publikum), was bis heute jeden Abend für zwei Stunden eingelöst wird. Seit den Zeiten des Albums „St. Anger“ (2003) ändern Metallica auch ihre Setlist von Gig zu Gig, das erhöht die Spannung im Publikum, führt sogar zu Fantourismus und ist laut Ulrich eine Absicherung, dass die Musiker „nicht auf Autopilot“ gehen.

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Die Mehrheit der großen Rock- und Popacts, die oft in der Korsage ihrer Bühnentechnik stecken, bleiben bei einer festen Liederabfolge. Das täglich freie Musizieren praktizierten Springsteen, Bob Dylan oder die Grungehelden von Pearl Jam. Und Metallica: Geben sie zwei Konzerte in derselben Stadt wie nächstes Jahr in Frankfurt, kann man sich sogar auf zwei komplett verschiedene Setlists freuen.

Altfans zieht wie bei allen „historischen“ Bands die eigene Vergangenheit an. In den Anfangszeiten von Metallica gehörte Rockmusik noch zum Kern des Jungseins, war generationenabgrenzend und Szene-definierend. Babyboomer feiern auf einem Konzert von Metallica also nicht nur die Band sondern ihr eigenes Leben.

Dass auch Musikfans der Generation Z von Konzerten älterer und alter Bands angezogen werden, liegt am Plattenschrank der Eltern und/oder einer Sehnsucht, mit den Ikonen des Rock zu connecten, den Wurzeln eigener Lieblingsbands. Zahllose junge Rocktruppen nennen beispielsweise immer noch die Beatles als Leitstern. Und so muss man einmal im Leben Paul McCartney gesehen haben, den Mann, der „Hey Jude“ und „Penny Lane“ geschrieben hat.

Selbst James Hetfield liebt die Beatles, spielte, wie er dem „Rolling Stone“ 2014 verriet, gelegentlich deren Ballade „In My Life“ bei Soloauftritten. Und wie die Fab Four sind auch Metallica eine Band, die auf die Suche nach Sounds ging. Vom Thrash Metal führte sie der Weg in die Vergangenheit. Beispielhaft ist das 1996er Metallica-Album „Load“, von dem am 13. Juni eine vorgezogene Jubiläumsbox erscheint. „Load“ öffnete Metallica – wie zuvor schon das „Black Album“ – die Türen für ein Mainstream-Publikum. Metallica spielten plötzlich Alternative Rock, Bluesrock, Southernrock und gaben sogar noch einen Schuss Country in die 79-minütige Melange.

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Lars Ulrich über das Einbeziehen traditioneller Rocksounds beim Metallica-Album "Load"

Die Hardcore-Gemeinde der Band brauchte eine Weile, manche blieben befremdet, das Musikmagazin „Rolling Stone” sah einen „Brückenschlag von Old-School-Bikerrock zur düstereren Seite von Postgrunge“. Die Massen aber kauften das Album, schleuderten es auf Platz 1 der Billboardcharts, wo es vier Wochen lang blieb.

„Dieses Album (…) ist für mich das, worum es bei Metallica geht“, erklärte Lars Ulrich damals dem „Rolling Stone“, „darum, verschiedene Dinge zu erforschen. In dem Moment, in dem man aufhört zu erforschen, sollte man sich einfach hinsetzen und sterben.“

Und Metallica suchten weiter, ließen sich von einem sinfonischen Orchester begleiten oder coverten den durch Thin Lizzy einst dem Rock einverleibten Irish-Folk-Klassiker „Whisky in The Jar“. Vielleicht hätte es dem Mainstreampublikum besser gefallen, die Kalifornier hätten statt ein „Black Album II“ gemacht oder ein weiteres Coveralbum – vielleicht mit dem „Irish (Metal) Rover“. Aber sie arrangierten sich auch mit „St. Anger” (2003), der Rückbesinnung der Band auf den Bandnamen.

Lars Ulrich über die Band zu ZEit der "St. Anger"-Sessions

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Wer aber im Jahr darauf „Some Kind of Monster“ sah, den vielleicht offensten Film, den je eine Rockband veröffentlichte, gewann angesichts der grimmigen „St. Anger“-Sessions den Eindruck, dass die Band nun in ihrer „Let it be“-Phase angelangt war. Ausgelaugt, ratlos, Sänger James Hetfield war nur noch ein „Von-Mittag-bis-16-Uhr“-Studioarbeiter mit mehr Lust auf Familie als auf Rock n‘ Roll. „Wir waren am Scheideweg angelangt“, sagte Ulrich später über diese Zeit.

Der Tornado des Folgealbums „Death Magnetic“ (2008) war ein Wunder, gewirkt von Produzent Rick Rubin, der 1994 das großartige Spätwerk von Johnny Cash angeschoben hatte – mit einer Rückbesinnunng auf dessen Ur-Sound. Nun tat er das Gleiche für Metallica. Wenn nichts mehr hilft, helfen eben die Wurzeln.

So sind Metallica wieder beim Thrash-Metal. „72 Seasons“ (2023) heißt ihr aktuelles Album, was sich auf die 18-mal Frühling, Sommer, Herbst und Winter bezieht, die man bis zur Volljährigkeit bestenfalls in der Obhut, schlechtestenfalls in der Gewalt seiner Eltern verbringt, abgelehnt oder geliebt, geformt oder gebrochen.

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Bis man frei ist … und doch für immer Gefangener seiner Erfahrungen. Eine relevante Story für Fans aller Lebensalter. Im Fall von Hetfield waren die 72 Jahreszeiten wenig erfreulich. Sie führten aber zur Entstehung des Metallica-Sounds. „Full speed or nothing!“, ruft Hetfield im Song „Lux Aeterna“.

„Die Show ist vorbei / der Metal ist verschwunden”, heißt es am Ende von „Whiplash”, dem Urknall-Song, der viele Gigs der M72-Tour eröffnet. Bevor der Metal in Philadelphia heute aber tatsächlich verklungen sein wird, wird die Band zum 1765. Mal „Master of Puppets“ live spielen, zum 1615. Mal „For Whom The Bell Tolls”. Für „Whiplash“ wäre es das 988. Mal.

Auf Philadelphia folgt dann Landover, Maryland. Und auch dort wird der Sturm wieder geritten. Sie hören nie auf, sie geben nie auf. Sind halt Metallica.

Aktuelles Album: Metallica – „72 Seasons“ (Blackened Recordings)

Jubiläumsbox: Metallica – “Load – Deluxe Box” (Blackened Recordings) – erscheint am 13. Juni

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Tourdaten Deutschland: 22./24. Mai 2026 – Deutsche Bank Park, Frankfurt: 30. Mai 2026 – Olympiastadion, Berlin

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