Der VfB Stuttgart und die Not im Sturm

Viele Namen wurden gehandelt, doch gekommen ist letztlich keiner: Der VfB Stuttgart hat keinen Ersatz für den abgewanderten Nick Woltemade gefunden. Im Sturmzentrum wird es somit in nächster Zeit dünn - das sind die Optionen der Schwaben.
Brian Brobbey (Ajax Amsterdam) galt beim VfB Stuttgart nach dem Abgang von Nick Woltemade (Newcastle United) als Nachfolgekandidat für den Nationalspieler. Den 23-jährigen Niederländer zog es allerdings am letzten Tag der Sommer-Transferperiode zum Premier-League-Klub AFC Sunderland. Auch Victor Boniface war zumindest medial bei den Schwaben gehandelt worden - doch der Sturmtank von Bayer 04 Leverkusen wechselt auf Leihbasis zum SV Werder Bremen.
Verkauf von Nick Woltemade für eine astronomisch hohe SummeZwei prominente Namen als Beispiele für die Betriebsamkeit an den letzten Tagen vor Schließung der Transferliste beim VfB. Sportvorstand Fabian Wohlgemuth und Co. hatten eigentlich geplant, mit Woltemade in und durch die Saison 2024/2025 zu gehen - doch die astronomisch hohe Offerte aus Newcastle machte einen Verkauf des 1,98 Meter großen Stürmers kaufmännisch zwingend notwendig. Sportlich ersetzen sollte Wolltemade schließlich Hyeon-Gyu Oh. Der Koreaner war bereits am Neckar eingetroffen - und absolvierte am Montag den Medizincheck.
Bedenken nach dem MedizincheckDoch in diesem traten offensichtlich Ungereimtheiten auf, so dass der Wechsel schließlich noch platzte. Der Transfer sei "ins Stocken geraten", erklärte Ohs belgischer Klub KRC Genk gegenüber der Tageszeitung "Het Laatste Nieuws" am Dienstag. "Praktisch bedeutet die Annullierung dieses Deals, dass Oh nach Genk zurückkehrt und sich wieder dem Team von Trainer Thorsten Fink anschließen wird."
Medienberichten zufolge waren die Schwaben bereit, etwa 20 Millionen Euro für den Südkoreaner zu bezahlen, Genk soll mehr gefordert haben. Der Marktwert des 24 Jahre alten Ohs liegt laut dem Portal "transfermarkt.de" gerade einmal bei 3,5 Millionen Euro. Eine sehr hohe Summe wäre also fällig gewesen - da muss alles passen, was es offensichtlich nicht hat.
Fabian Wohlgemuth: "Hatten Oh auf dem Zettel""Wir hatten ihn schon sehr lange auf dem Zettel", bestätigte Wohlgemuth. Die Schwaben wollten einen Großteil der Woltemade-Einnahmen direkt reinvestieren, weil ein Angreifer mit eben diesem Profil (groß, körperlich robust, feine Technik, gut im Bälle festmachen) nun im Kader fehlt.
Verletzung von Deniz Undav "zusätzliche Hypothek"Durch die Knieverletzung von Deniz Undav wurde der Druck auf Wohlgemuth und Co. noch einmal verstärkt. Der 29-Jährige verletzte sich beim 1:0-Erfolg des VfB gegen Borussia Mönchengladbach am Innenband und wird mehrere Wochen ausfallen. "Das war eine zusätzliche Hypothek", sagte Wohlgemuth und beschrieb die am Wochenende neu entstandene Situation als "eher suboptimal".
Das ist fast noch euphemistisch ausgedrückt, denn streng genommen steht dem VfB im Sturm nur noch Ermedin Demirovic zur Verfügung. Ausgerechnet, könnte man sagen. Denn der Bosnier, der letzte Saison immerhin 15 Tore erzielte, wurde gerüchteweise im Sommer immer mal wieder als Abgangskandidat gehandelt, betonte aber, sich durchbeißen zu wollen. Zudem, so Demirovic, fühle er sich in Stuttgart sehr wohl.
Tiago Tomás oder Jamie Leweling im Sturm?Nach der Länderspielpause starten allerdings die Englischen Wochen. Dann wird die Belastung heftig, da darf sich Demirovic bei der Dreifachbelastung nicht verletzten, sonst wird es ganz eng im VfB-Angriff. Sollte auch der 27-Jährige ausfallen, wären der aus Wolfsburg zurückgeholte Tiago Tomás sowie Jamie Leweling erste Kandidaten für den Sturm. Beide sind aber eher Flügelspieler, die sich im Zentrum nicht so wohlfühlen.
Silas hat ebenfalls schon im Angriff gespielt. Doch der in der abgelaufenen Saison an Roter Stern Belgrad ausgeliehen Flügelspieler fehlte die komplette Vorbereitung über verletzt.
Ist Mo Sankoh ein Kandidat für die erste Mannschaft?In der zweiten Mannschaft der Stuttgarter in der 3. Liga spielt mit Mo Sankoh noch ein Kandidat, der bereits 2020 als Supertalent in der Bundesliga debütierte, dem eine Horror-Verletzung allerdings einen Strich durch die ganz große Karriere machte. Ob der immer noch erst 21-Jährige noch einmal die Chance bekommt, bei den Profis des VfB mitzumischen?
Ungewiss. Vielleicht auch deshalb versucht Wohlgemuth, die Debatte um den Angriff des DFB-Pokalsiegers zu steuern. "Vielleicht sollten wir den Fokus nicht auf das legen, was fehlt. Sondern auf das, was da ist", sagte der Sportvorstand und meinte damit: Demirovic. Wohlgemuth traut dem bulligen Angreifer zu, sich in seinem zweiten Jahr beim VfB weiter zu verbessern.
Damit kann und sollte er in den nächsten Wochen beginnen. Spätestens nach der nächsten Länderspielpause im Oktober könnte dann auch Undav zurückkehren - und damit würde sich die Situation im VfB-Sturm zumindest etwas entspannen.
Sendung am Di., 2.9.2025 6:00 Uhr, SWR Aktuell am Morgen, SWR Aktuell
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